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„Glücksfall Grundgesetz“

08.05.19 | Delmenhorster Kurier

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Das Gymnasiums an der Willmsstraße in Delmenhorst konnte am Dienstag in der Reihe „Begegnungen am Willms“ den ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof willkommen heißen.

Die Zufriedenheit stand Stefan Nolting ins Gesicht geschrieben. Der Schulleiter des Gymnasiums an der Willmsstraße konnte am Dienstagabend in der Vortragsreihe „Begegnungen am Willms“ den ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof willkommen heißen. Im gut besuchten Forum des Willms hielt der renommierte Jurist einen Vortrag zum Thema „70 Jahre Grundgesetz – Ist die Verfassung in einer guten Verfassung?“

Unterstützt wurde die Veranstaltung durch das vom Bundesfamilienministerium ins Leben gerufene Projekt „Demokratie leben“ sowie den Rotary-Club Delmenhorst. In seiner Begrüßungsrede erinnerte Nolting daran, dass das Grundgesetz die Grundlage unseres Staates und unseres Zusammenlebens darstelle. „Wir leben in der Besten aller Verfassungen. Also müssen wir uns auch engagieren, dass unsere Verfassung und unser Zusammenleben weiterhin bestehen bleiben“, sagte der Schulleiter.

Ein von Schülern kreierter und auf Leinwand projizierter Einspieler stellte die Person Ferdinand Kirchhof vor und erklärte den Aufbau von Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz. Kirchhof bezeichnete das Grundgesetz in seinem Vortrag als „Glücksfall“ für Deutschland. Er erinnerte daran, dass diese rechtliche und politische Grundordnung zunächst als Provisorium für „Zonendeutschland“ entwickelt worden war, und zwar in einer für heutige Verhältnisse denkbar kurzen Zeit: Innerhalb von 14 Tagen entwarf ein Verfassungskonvent die Grundzüge der Verfassung, der Parlamentarische Rat verabschiedete nach neunmonatiger Arbeit schließlich das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.

Kirchhof betonte, dass es kein Land mit einem solchem Grundrechtsschutz gebe wie Deutschland. Die in den Grundgesetzartikeln 1 bis 19 verbürgten Grundrechte seien in der Welt einmalig. Diese Konzeption der grundlegenden Freiheits- und Gleichheitsrechte habe ebenfalls in den Verfassungen anderer Länder Eingang gefunden, beispielsweise Südafrika und Taiwan. Ein wenig Sorgen mache ihm die Zukunft, da sich ein wesentlicher Teil der digitalen Infrastruktur privatisiert in den Händen von Global Playern befinde. „Der Bürger hat hier keinerlei Schutz“, kritisierte Kirchhof. Konzerne wie Facebook und Google könnten machen, was sie wollen.

Die Podiumsdiskussion im Anschluss wurde nicht wie angekündigt von Schülern des Willms moderiert. Vielmehr teilte sich Schulleiter Stefan Nolting die Moderation mit Thorsten Prange, seines Zeichens Vorsitzender Richter am Landgericht Bremen und Vater einer Schülerin des Willms. Prange wollte unter anderem wissen, ob die Einführung direktdemokratischer Elemente nicht eine gute Idee sei. Kirchhof stimmte ihm zu; Plebiszite würden aus seiner Sicht mehr Identifikation der Bevölkerung mit dem Staat bringen. Er schlug vor, der Bevölkerung Möglichkeiten einzuräumen, vom Parlament erlassene Gesetze abzulehnen. In einzelnen Bundesländern sei dies bereits der Fall. Von Pranges Vorschlag, den Klimaschutz Staatsauftrag werden zu lassen, hielt er hingegen wenig. Besser sei es, wenn „supranationale Organisationen“ wie die Europäische Union für Lösungen sorgen würden.

Als die Veranstaltung nach einer kurzen Zuschauer-Fragerunde zu Ende ging, hatte Schulleiter Nolting noch immer ein Strahlen im Gesicht. Er verabschiedete den ehemaligen Verfassungsrichter mit den Worten: „Sie waren eine wahrhafte Begegnung.“