Die Vorgängerschule des Gymnasiums an der Willmsstraße, die Kantorschule, wurde bereits im Jahre 1575 nach der Auflösung des Domherrenstifts gegründet. Der erste Rektor hieß Hieronimus Trabukirius. (Das Gründungsjahr versuchen wir derzeit zu verifizieren.)
Der Konrektor der Kantorschule, Johann Michael Herbart (Großvater des Philosophen und Pädagogen Johann Friedrich Herbart) nimmt sich der Aufgabe an, das Niveau und Ansehen der Schule zu heben. Seine Initiativen enden mit seiner Berufung zum Rektor einer Schule in Oldenburg.
Der Wohlstand der Stadt Delmenhorst geht stark zurück. Die Bürger erwirken ein Ende des Lateinunterrichts. Die Kantorschule wird mit der Volksschule vereinigt.
Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege entsteht in Delmenhorst wieder das Bedürfnis nach einer höheren Schule. Mit der Höheren Bürgerschule wird eine Privatschule gegründet, die staatliche Zuschüsse erhält. Die Leitung übernimmt der zweite Pastor der Pfarrgemeinde.
Nach der Reorganisation der Schule wird diese zunächst in der 2. Pastorei untergebracht. Dies war jedoch von Anfang an nur als Notbehelf geplant, der Bau eines neuen Schulgebäudes wurde geplant, was jedoch 16 Jahre in Anspruch nahm.
Die Höhere Bürgerschule hat 1848 19 Schülerinnen und Schüler.
Zwischen Mai und Oktober 1861 wird ein neues Schulgebäude errichtet.
Die Stelle des Rektors wird erstmals nicht mit einem Theologen, sondern mit einem Philologen besetzt. Damit endete der kirchliche direkte kirchliche Einfluss auf die Schule.
Die Höhere Bürgerschule verzeichnet immer größeren Zulauf. 1873 besuchen bereits 69 Jungen und 29 Mädchen die Schule.
Die Bürgerschule geht in die Verwaltung der Stadt Delmenhorst über.
Erstmals besuchen 100 Schülerinnen und Schüler die Höhere Bürgerschule.
Der Gesamtstadtrat beschließt aufgrund der gestiegenen Schülerzahlen einen Neubau – den heutigen C-Trakt.
Die Bürgerschule bezieht am 9. April 1888 ihr neues Gebäude an der Schulstraße, das heutige C-Gebäude unseres Gymnasiums. Zugleich wird die Schulzeit auf fünf Jahre ausgeweitet, damit die Klassenziele der Obertertia einer Realschule von den Schülerinnen und Schülern erreicht werden konnten. Die zwischenzeitliche Geschlechtertrennung in den höchsten Klassenstufen wurde wieder beendet.
Das Schulgebäude der Bürgerschule erweist sich erstmals als zu klein.
Am 20. Oktober 1898 wird Otto Willms, der 1866 in Jever als Sohn eines Weinhändlers geboren worden war und nach seinem Abitur am dortigen Mariengymnasium in Göttingen, München und Berlin Jura studierte und sein Zweites Staatsexamen in Oldenburg ablegte, einstimmig zum Bürgermeister der Stadt Delmenhorst gewählt. Sein Amt tritt er am 1. Januar 1899 an.
12. Januar 1899: Der neue Bürgermeister von Delmenhorst – Otto Willms – tritt sein Amt an.
28. Dezember 1899: Die Bürgerschaft der Stadt Delmenhorst beschließt am 28. Dezember 1899 – entsprechend der Vorlage des Vorstandes und Ausschusses der Bürgerschule unter Leitung des Bürgermeisters Willms – eine Neuordnung des höheren Schulwesens in der Stadt. Es wird die Gründung einer fünfstufigen und vierklassigen Knabenschule (in Gestalt einer Realschule II. Ordnung) in Auftrag gegeben. In dieser Schule soll (die nach Ansicht des späteren Stadthistorikers Garbas mehr 400 Jahre alte) Bürgerschule aufgehen.
Die Höhere Bürgerschule verzeichnet einen großen Zuwachs bei seinen Schülerzahlen. Wurden 1881 nur 64 Schüler unterrichtet, waren es nun fast 300.
25. Januar: Das Delmenhorster Kreisblatt berichtete, dass der Vorstand der Bürgerschule für das heute Schulgrundstück am damaligen Koppelfußweg (Größe: 36 Ar) 10800 Mark geboten habe. Der Kirchenrat fordere als Eigentümer jedoch 12000 Mark.
10. Februar: Das Delmenhorster Kreisblatt berichtete, dass der Gesamtstadtrat und der Ausschuss der Bürgerschule den Ankauf des “Pastoreilandes” genehmigt habe. In der gleichen Ausgabe wird auch darüber berichtet, dass der Kaufpreis 12000 Mark betragen habe.
13. April: Das Delmenhorster Kreisblatt teilte mit, dass der Vorstand der Bürgerschule zwei Tage zuvor den ersten Entwurf der neuen Schule gesichtet habe. Baurat Freese aus Oldenburg habe diesen erstellt. “Der Entwurf fand im allgemeinen Anerkennung, da derselbe sowohl in technischer als auch hygienischer Beziehungen den Anforderungen der Neuzeit Rechnung trägt.” Einen Kostenvorschlag gebe es jedoch noch nicht.
22. Mai: Der Vorstand und der Ausschuss der Bürgerschule genehmigte den den Plan von Baurat Freese für den Bau der neuen Schule.
Die Delmenhorster Nachrichten berichten am 24. Mai Folgendes:
“In der Dienstag stattgefundenen Sitzung des Vorstandes und Ausschusses der Bürgerschule wurden die Kosten für den Bau der neuen Knaben-Bürgerschule nach dem Plan und Anschlag des Baurats Frese in Oldenburg mit zusammen 102000 Mark bewilligt. Das Hauptgebäude ist auf 95000 Mark veranschlagt. Dasselbe wird schon in der architektonischen Ausstattung eine Zierde der Stadt werden. Die Hauptfront ist nach dem Koppelfußweg gerichet. Der Eingang befindet sich in einem erkerartigen, reich verzierten und mit dem Delmenhorster Stadtwappen in gediegener Ausführung geschmückten Vorbau. An der Westseite wird sich ein dachreiter mit einem turmartigen Aufbau, an der Ostseite ein heraustretender Giebel, welcher die Aula umfasst, befinden. Das Ganze wird in Putz- und Rohbau ausgeführt, unten aus Sandsteinen, und zwar aus nur bestem Material. Auch die innere Einrichung wird allen Forderungen der Neuzeit entsprechen, so dass unsere Stadt mit Recht auf das Gebäude stolz sein kann. Es wird ein Kellergeschoß mit der Wohnung des Hauswarts, ein Erdgeschoss mit 4 Klassenräumen, darunter ein Physikzimmer mit einem Zimmer für physikalische Apparate, einem für Chemikalien, einem für den Direktor und einem Konferenzzimmer und ferner ein Oberschoß mit 4 Klasenräumen und der geräumigen Aula enthalten. Auch wird eine Badeeinrichtung angebracht. Als Heizung ist eine Niederdruck-Dampfheizung bestimt. die Räume des Obergeschosses werden auch von der gewerblichen Fortbildungsschule benutzt werden. Als Beleuchtungsmittel ist Gas-Gelblicht in Aussicht genommen. Das Haus soll bis zum Herbst unter Dach gebracht und bis Ostern fertig gestellt sein. Die Trennung der jetzigen Bürgerschule in eine höhere Knaben- und eine höhere Mädchenschule wird erst im nächsten Schuljahr erfolgen können. Der Koppelfußweg wird auf 12 Mt. verbreitert, nur für Fußgänger eingerichtet, mit kleinen Steinen belegt und mit kleinen Akazien bepflanzt werden.”
Das Delmenhorster Kreisblatt berichtet am 24. Mai zudem:
“Bekanntlich werden an der Schule 20 Freistellen für begabte Schüler vergeben. Ein hierzu gestellter Antrag, auch die Beschaffung der Lehrmittelfür die betr. Schüler zu übernehmen, wurde vorläufig abgelehnt mit der Begründung, daß ein solches Vorgehen zu weit führen würde, und daß die Eltern, die nicht in der Lage sind, die Bücher für ihre Kinder zu beschaffen, auch für die weitere Ausbildung ihrer Kinder, nachdem sie die Schule verlassen, nichts thun können. Für solche Schüler wäre es richtiger, eine unserer guten Volksschule zu besuchen.”
16. August: Das Delmenhorster Kreisblatt berichtete über die Vergabe der Bauarbeiten an der neuen Bürgerschule: Glaser- und Malerarbeiten: Malermeister Ferd. Meyer; Tischlerarbeiten: Tischlereimeister Hellmers aus Deichhorst; Schlosserarbeiten: Firma C.H. Schmidt; Schieferdeckarbeiten und Errichtung der Blitzableiteranlage: Schieferdeckermeister F. Segelken; Bauholzlieferung und Zimmerarbeiten: Firma J. J. Twisterling; Heizungsanlage: H. Klatte (Bremen).
Ferner sei eine Kommission gebildet worden, die die Schulpulte, das Physikzimmer und Weiteres des neuen Gymnasiums in Jever begutachten sollte. Zur Kommission zählten: Amtshauptmann Rabben, Pastor Langhorst, Kaufmann G. H. Suhr, Fabrikant Wichmann und Gärtner Heinken.
25. August: Grundsteinlegung der neuen Bürgerschule. In dem Grundstein werden verwahrt: ein Verzeichnis des Schulvorstandes, des Gesamtstadtrates, Abschrift der Protokolle über die Verhandlung zur Errichtung der neuen Schule, die Nummern des Delmenhorster Kreisblattes und der Delmenhorster Nachrichten, die die Berichte über die Verhandlungen und die Ausschreibungen des Neubaus enthalten, die Nummern dieser Zeitungen, die über das Hiersein S.R.H. des Großherzogs berichten und die beiden letzten Tagesnummern und endlich 2 Nummern der R. f. St. U. L. vom 20. und 21. August, in denen der Ministerwechsel mitgeteilt wird.
Pastor Langhorst hält die folgende Rede bei der Feier zur Grundsteinlegung.
„Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus, das Wort aus Schillers Glocke gilt auch von unserer Gemeinde mit ihrem überraschend schnellen Wachstum. Das bringt naturgemäß für die Gemeinde und ihre Verwaltung auch größere, stets wachsende Aufgaben mit sich, deren Lösung nicht immer leicht ist. Dieses rasche Wachsend er Gemeinde beeinflußt auch die Schule und bringt auf diesem wichtigen Gebiet des Gemeindelebens auch stets größer werdende Aufgaben mit sich. Daß die Gemeinde derselben gerecht geworden ist, dafür möge als Beweis dienen, daß in den 9 Jahren meiner Mitarbeit am Schulwesen die zahl der Lehrkräfte von 22 auf 39 gestiegen ist, drei hauptlehrer haben ihre Wohnung räumen müssen, die zu Schulklassen eingerichtet sind, drei größere Neubauten entstanden, nachdem 1892 die Turnhalle in Benutzung genommen ist: Der Anbau bei der 1. Mädchenschule, die 2. Mädchenschule und die neue Schule in Deichhorst. Nun thun wir in der Entwicklung unserer Schulwesens wieder einen großen, wichtigen Schritt weiter mit dem Neubau dieses Hauses, zu dem jetzt der Grundstein gelegt werden soll und das eine Zierde der Stadt zu werden verspricht. Die Ueberfüllung der Bürgerschule hat die Trennung der Knaben und Mädchen notwendig gemacht und mit der Einrichtung dieser neuen höheren Knabenschule wird der Anfang zur Entwicklung dieser neuen höheren Knabenschule gemacht, die eine umfangreiche Ausbildung der Knaben ermöglichen soll, wie sie das Bedürfnis der wachsenden Gemeinde erfordert. Eine Schule ist eine Werkstatt des Geistes, da sollen die mancherlei Gaben und Fähigkeiten der Kinder in Vernungt und Verstandesgaben ausgebildet werden. Eine Schule ist aber auch eine Erziehungsanstalt, da soll das Böse, das im Menschen liegt, bekämpft, das Gute gepflanzt und gepflegt werden, damit die Gaben und Fähigkeiten zum Segen gebracht werden mögen. Denn was nützen die besten Gaben, die schönsten Fähigkeiten, die tiefste Bildung, wenn der Mensch innerlich nicht so beschaffen ist in sittlicher Beziehung, daß er davon einen guten Gebrauch macht. Dann erweisen sie sich nicht zum Segen, sondern zum Schaden. Möge diese neue Schule dieser beiden Seiten ihrer Aufgabe nie vergessen, mögen aber auch alle Faktoren, die in Haus, Schule und Kirche zur Erziehung der Jugend berufen sind, das Ihrige in gemeinsamer Arbeit thun, daß die erziehliche Aufgabe gelöst werden kann. Luther weist in dem Sendschreiben an die Bürgermeister und Ratsherren der Städte, daß sie gute Schulen einrichten mögen, schon auf beides hin, er sagt: es giebt kein größer Verderben in der Christenheit, als das Verderben der Kinder, darum, so der Christenheit soll geholfen werden, so muß man mit den Kindern anfangen. Die Jugend ist die Hoffnung der Gegenwart, ihr gehört die Zukunft, die Alten treten von der Arbeit ab, die Jungen treten in sie ein. Möge die Jugend, die diese Schule besuchen wird, stets so beschaffen sein, dass die Aelteren mit Vertrauen auf sie blicken dürfen. Möge diese Schule stets tüchtige Männer heranbilden, die im Leben etwas wert sind, mögen die Lehrer in ihrem verantwortungsreichen Beruf Befriedigung und Freude finden, mögen die, die diese Schule verlassen, stets auch noch in grauen Haaren mit Dankbarkeit auf diese Stätte ihrer Bildung und Erziehung hinblicken. Und so wollen wir den Grundstein legen. Drei Wünsche spreche ich dabei aus: Möge der Bau ohne betrübenden Unfall fertig werden, möge er der Gemeinde zur Zierde und Freude, Lehrern und Schülern zum Segen werden. Das walte Gott, Vater, Sohn und heiligen Geist. Amen.“ (Übernommen aus dem Delmenhorster Kreisblatt vom 28. August)
Zum gleichen Anlass sagte der Amtshauptmann Bartel:
„Werde als Bauwerk eine Zierde dieser Stadt und suche als Schule einen Platz unter den besten deutschen Bildungsstätten Deines gleichen zu erwerben.”
Auch Bürgermeister Willms sprach bei der Grundsteinlegung:
„Möge das Gebäude eine Pflegstätte freier deutscher Art und edler deutscher Sitte werden.“
Der damalige Rektor Henning sagte:
„Möge dieses Haus eine Pflegstätte des Indealen sein und mögen alle die, die hier ihre Ausbildung erhalten, von einer Begeisterung für das Gute und Schöne erfüllt werden.“
15. Oktober: Der Gesamtstadtrat beschloss, die neue Knabenschule im Jahr 1904, spätestens im Jahr 1906 in eine Realschule umzuwandeln.
3. November: Das Richtfest der neuen Schule wird gefeiert.
24. November: Die Kommission besuchte das neue Gymnasium in Jever. Besonders überzeugt die Mitglieder die Badeeinrichtung.
29. November: Das Delmenhorster Kreisblatt berichtet, dass der Großherzog zu Oldenburg entschieden habe, den Oberlehrer Dr. Borchard aus Wismar zum ersten Rektor der neuen Schule zu ernennen.
24. März: Bürgermeister Willms verstirbt nach langer Krankheit im Alter von nur 34 Jahren.
28. März: Bürgermeister Willms wird beerdigt. Die Delmenhorster Nachrichten berichten am 30. März:
“Am Donnerstag Morgen wurde die Leiche des verstorbenen Bürgermeisters Willms von großem Gefolge nach dem neuen Friedhof geleitet. Dem mit Kränzen reichgeschmückten Sarg schritten eine Abordnung des Kriegervereins, dessen Mitglieder der Verstorbene war, die Turnerfeuerwehr und Chargierte der städtischen Feuerwehr voran. Von letzeren, die das Trägeramt übernommen hatten, wurde, kostbare Kränze tragend, auch der Sarg flankiert. Es folgten der Magistrat, der Stadtrat, die Beamten des Amtes und des Amtsgerichts, die städtischen Beamten, die Gemeindevorsteher des Amtes, der Kriegerverein und zahlreiche andere Personen, die mit dem Geschiedenen in Verbindung getreten waren. Am Grabe hielt Pastor Langhorst die Rede, in welcher die Verdienste des Verstorbenen in treffenden Worten hervorgehoben wurden”.
30. März: Die “alte” Bürgerschule, in der Mädchen und Jungen unterrichtet wurden, wird aufgelöst. Der damalige Rektor Dr. Henning sagt auf der Schlussfeier:
“Liebe Schüler! Wir haben euch heute hier noch einmal hier zusammenkommen lassen, um ein paar Abschlussworte an Euch zu richten, damit Euch dieser Tag, der ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte unserer Schule ist, dauerhaft im Gedächtnis bleibe. 358 Jahre besteht die Schule, im ganzen so wie sie bis jetzt gewesen ist, als eine gemeinsame Anstalt für Knaben und Mädchen. Gegründet wurde sie zur Zeit der Reformation 1543 von dem Reformator von Delmenhorst Hermann Bonn auf Anregung des Bischofs von Münster, nachdem das Domherrenstift aufgegeben worden war. Die Schule wurde mit 3 Lehrern, einem Rektor, einem Konrektor und einem Kantor, besetzt, die auch die kirchlichen Aemter des Organisten und des Kantors mit verwalten mussten. Möge Gottes reicher Segen ferner die neuen Anstalten geleiten; möge die Fürsorge der städtischen Behörden ihnen immer die Mittel gewähren, die zu vollem Gedeihen der Schule notwendig sind, und möge den Besuchern zum Segen und der Stadt zur Ehre und Freude gereichen. Möge die Jugend in ihr mit edlem Streben und der höchsten Ausbildung des Geistes erfüllt werden und zu tüchtigen Bürgern heranwachsen. Möge in ihr aber auch stets ein solcher Geist herrschen, der eine Bürgschaft dafür biete, daß edle Menschen herangebildet werden, erfüllt mit wahrer Liebe zum Guten und mit begeisterter Hingabe an Heimat und Vaterland, das ist doch immer ein noch größerer Gewinn, als ein etwas größeres Maß von Wissen. Die neuen Schulen mögen in jeder Beziehung wachsen, blühen und gedeihen.”
15. April: Es finden die Aufnahmeprüfungen für die Bürgerschule statt. Es ergeben sich folgende Schülerzahlen: Klasse I 28 Schüler, Klasse II 40 Schüler, Klasse III 50 Schüler, Klasse IV 65 Schüler, Klasse V 33 Schüler, Klasse VI ebenfalls 33 Schüler. Dies berichten die Delmenhorster Nachrichten am 10. April 1901.
22. April: Die neue Bürgerschule wird feierlich eingeweiht. Eigentlich begann das neue Schuljahr bereits am 17. April begann, konnte die Bürgerschule aufgrund von Verzögerungen bei der Fertigstellung erst mit fünf Tagen Verspätung starten. Die Delmenhorster Nachrichten berichten:
“Heute Vormittag fand die feierliche Einweihung des neuen Realschulgebäudes im Beisein des Geheimen Schulrats Dr. Menge, als Vertreter des Oberschulkollegiums, des Vorstandes, des Magistrats und des Gesammtstadtrates als Ausschusses der Schule, sowie der Bauführer statt. Die Feier begann mit einem Abschiede von der bisherigen Schule, an der ein Teil der Lehrer an der neuen Schule längere Jahre gewirkt und in der ebenso der größte Teil der Schüler bisher die Ausbildung erhalten hat. Es war daher ein schöner Akt der Pietät, daß man sich noch ein Mal in dem alten, vielen liebgewordenen Gebäude versammelte und zum Abschiede den Gesang 19 Vers 2: ‘Unsern Ausgang segne Gott, unsern Eingang gleichermaßen’ sang. In geschlossenem Zuge marschierten dann die Schüler unter Führung ihrer Lehrer nach dem neuen Gebäude, vor dem die Behörden, die geladenen Gäste und die Schüler in einem Halbkreise Aufstellung nahmen. Herr Baurat Freese übergab nach einer kurzen Ansprache, in welcher er für das ihm und Herrn Bauinspektor Rauchheld entgegengebrachte Vertrauen dankte, sowie auch Herrn Mauermeister Hollmann, der mit seltener Hingabe und Freudigkeit den Bau soweit geördert, den Dank aussprach, das Gebäude dem Herrn Amtshauptmann Rabben als Vorsitzenden des Vorstandes, und überreichte demselben den Schlüssel zu dem stattlichen Gebäude. Nachdem das Gebäude aufgeschlossen, wurde es zum ersten Mal offiziell betreten. Mit rechter Freude muß jeder schon den Weg bis zur Aula zurückgelegt haben. Das schon von außen sich als ein stolzer Bau präsentierendes Gebäude hält im Innern, was es verspricht. Herrliche, schön gemalte Gänge, breite Treppen, schöne Klassenzimmer, die prachtvolle Aula, kurz die gesamte Ausstattung und Einrichtung, sie müssen jeden Freund der Schule und der Kinder, die hier für das ernste Leben herangebildet werden sollen, mit Freude und Stolz erfüllen. Zeigt das stolze Gebäude doch, wie die Behörden, Vorstand und Gesammtstadtrat, den hohen Wert der Schule zu würdigen wissen, so daß sie bereit waren, die nicht geringen Opfer zu bewilligen. Wo in einer Stadt bei den in Betracht kommenden Korporationen solche Einsicht und solcher Geist herrscht, wo das Wort Luthers: ‘Denn es ist eine ernste und große Sache, da Christo und aller Welt viel anliegt, daß wir dem jungen Volke helfen und raten’, so gewürdigt wird, da darf jedes Gemeindeglied Freude und Stolz beschleichen, und es hat nicht nur eine äußere, sondern auch eine tiefinnere Bedeutung das Wort: Delmenhorst darf stolz auf das Gebäude sein. Es war mehr as bloßer Klang, als nun aus den Kinderkehlen in der schönen Aula, die ein Ort der Erbauung sein soll, der 1. Vers des Gesanges 23: Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren’ erklang. Alsdann richtete Herr Amtshauptmann Rabben, der sich ebenfalls um den Bau und seine Förderung große Verdienste erworben hat, eine warmempfundene Ansprache, dankend allen Förderern der Sache, die durch bereitwillige Bewilligung der Geldmittel das schöne Werk ermöglicht, den Herren Baurat Freese und Bauinspektor Rauchheld, welche den Bauplan entworfen und den Bau geleitet haben, allen Arbeiters an dem Bau, besondern auch dem Herrn Geh. Schulrat Dr. Menge, der in entgegenkommender Weise in allen schwierigen Fragen mit seinem schätzenswerten Rat ihnen zur Seite gestanden habe, sowie mit Recht hervorhebend, daß die bisherige Schule in dem Bau freudige Anerkennung ihrer erspießlichen Thätigkeit und die Lehrer einen thatkräftigen Ansporn zu weiterem freundigen Stresten finden könnten. Seine Worten klangen aus in dem Gelübte treuer Anhänglichkeit an die Heimat, unser engeres Vaterland und seinen geliebten Landesherrn, und freudig erklang das demselben dargebrachte Hoch. Herr Pastor Langhorst, der gleichfalls mit rastlosem Streben die Errichtung einer Realschule gefördert und der zu aller Freude bei der Feier anwesend sein konnte, sprach dann warme Weiheworte, indem er die wahren Aufgaben der Schule, bestehend neben der Verstandesbildung und der Einprägung fürs Leben notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten in der Bildung des Charakters in Zucht, Gottesfurcht und Vaterlandsliebe, hervorhob und als Ziel der Schule das Wort der Schrift setzte: ‘daß ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Wert geschickt.’ Alsdann führte er den neuen Rektor der Schule, Herrn Dr. Borchard, sowie das Lehrerkollegium, bestehend aus den Herren Dr. Weidemann, Harmjanz, Jenke und Reinberg, in ihr Amt ein und übergab ihnen die Schule mit der Aufgabe, den Räumen das innere Leben zum Segen aller zu verleihen. Nachdem der 1. Vers des Gesanges 438: ‘In Gottes Namen sang ich an’, gesungen, hielt Herr Dr. Borchard seine Antrittsrede, die Aufgabe der Schule und den Geist, der sie erfüllen solle, schildernd. Er dankt für das ihm durch die Wahl geschenkte Vertrauen, hob hervor das Gefühl der Veantwortlichkeit, das ihn erfüllte, bat seine Amtsgenossen um Treue, von rechtem Geiste getragene Mitarbeit und mahnte die Schüler zu treuer Pflichterfüllung, erinnernd an das Wort Friedrichs des Großen: ‘Daß ich lebem ist nicht notwendig, wohl aber, daß ich meine Pflicht erfülle.’ Der Lohn werde nicht ausbleiben, und sei es auch nur das Bewußtsein der Pflichterfüllung. Passend schloß sich der 5. Vers des Gesanges 438 an, womit die würdige Feier beendet war. Möge sie für alle Beteiligten eine bleibende Wirkung haben. Die Schüler begaben sich dann in ihre Klassen, woselbst sie den Stundenplan, sowie andere Anweisungen erhielten. Die erschienen Herren besichtigten dann noch genauer das Gebäude und verließen in dem Bewußtsein, ein gutes Werk, das auf lange, lange Zeit reichen Segen zu Nutz der Jugend zu stiften berufen ist, gefördert zu haben.”
5. Mai: In Oldenburg wird der Verein oldenburgischer Bürgerschullehrer gegründet. Zum dreiköpfigen Vorstand gehört auch der Lehrer Harmjanz der Bürgerschule Delmenhorst.
23. August: Der Stadtmagistrat beschließt eine Umbenennung des verbreiterten Koppelfußweges zu Ehren des verstorbenen Bürgermeisters Willms in Willmsstraße. Dies wird durch die Delmenhorster Nachrichten (Ausgabe vom 27.08.1901) damit begründet, dass sich Willms “um die Errichtung der an diesem Wege erbauten Realschule sehr verdient gemacht hat”.
Die Bürgerschule erweist sich gleich nach dem Umzug in ihr neues Gebäude als äußerst attraktiv. Die Delmenhorster Nachrichten (Ausgabe 18.03.1902) berichten von der Entscheidung des Vorstandes und Ausschusses der Bürgerschule, dass die Sexta zwei Klassen umfassen soll. Diese Entscheidung wird jedoch bereits wenige Tage noch einmal aufgehoben, da Vorstand und Ausschuss die Finanzierung des dadurch notwendigen Hilfslehrers scheuen. Am 22. März schreiben die Delmenhorster Nachrichten dann:
“Nach dem Ergebniß der Kommissionsverhandlungen darf jetzt schon mit Bestimmtheit angenommen werden, daß die von dem Ausschuß der Bürgerschule am 18. d. M. vorläufig abgelehnte Teilung der Sexta doch noch zu Stande kommt. Diese Aussicht kann nur auf das Freudigste begrüßt werden. Die von den evenutell nicht zu umgehen gewesenen Zurückweisungen Betroffenen würden diese Maßnahme jedenfalls auf das Unangenehmste empfunden haben. Auch würde bei den Eltern der Aufgenommenen immerhin noch leicht die Befürchtung aufgetaucht sein, daß ihre Kinder trotz der geschehenen Zurückweisung in eine überfüllte Klasse hineingeraten seien.”
Der heutige C-Trakt wird um ein Dachgeschoss erweitert. Dort wird eine Kalfaktorwohnung untergebracht.
Aufgrund wachsender Schülerzahlen beschließt der Stadtrat einen Anbau an die neue Realschule wie auch die Errichtung einer eigenen Turnhalle für diese.
Der Stadtrat beschließt den organisatorischen Ausbau der Schule zur Oberrealschule ab 1910.
Für Mädchen, die in die Oberstufe eintreten wollen, gelten allerdings Einschränkungen: Sie müssen gute Zeugnisse vorweisen können und werden nur auf Probe aufgenommen.
Die Realschule feiert mit 326 Schülerinnen und Schülern ihr zehnjähriges Bestehen.
Die ersten sechs Abiturienten bestehen ihre Reifeprüfung.
Am 8. August 1914 erfolgt die Notprüfung der Abiturienten, die sich ausnahmslos als Kriegsfreiwillige gemeldet haben. Viele von ihnen fallen schon im ersten Kriegsjahr. Der Krieg bestimmt in den folgenden Jahren das Schulleben: die Schüler werben für Kriegsanleihen; sie sammeln erst Goldschmuck, dannn Altmaterial. Im Verlauf des Krieges werden die Versorgungsschwierigkeiten immer größer; Schulfeiern aus Anlass gewonnerer Schlachten werden immer seltener. Insgesamt fallen 61 ehemalige Schüler im 1. Weltkrieg.
Schüler und Lehrer leiden unter der allgemeinen Not. Kinderspeisungen, die durch Spenden vor allem amerikanischer Organisationen wie der Quäker ermöglicht werden, können die Not nur lindern.
Ab 1922 strebt die Stadt Delmenhorst danach, aus der Oberrealschule ein Gymnasium werden zu lassen. Die zugehörigen Eingaben in den Jahren 1922, 1923 und 1925 werden jedoch von dem zuständigen Ministerium in Oldenburg abgelehnt – allein aus finanziellen Gründen.
Für die Schülerinnen der Unterstufe wird ein eigener Zweig, ein Lyzeum, abgeteilt. Die Oberstufe wird im Sinne der Richtertschen Reform, die Grundzüge der späteren reformierten Oberstufe vorwegnimmt, umgestaltet. Vor der Teilung besuchten 526 Mädchen und Jungen die gemeinsame Realschule.
Aufgrund weiterhin wachsender Schülerzahlen wird ein zweiklassiger Pavillon errichtet.
Die Schule feiert ihr 25jähriges Bestehen.
Professor Wilhelm Kluckhohn tritt die Nachfolge von Geheimrat Dr. Karl Borchard als Schulleiter an.
Die Homepage-Redaktion hat den Anspruch, die Schulgeschichte im Nationalsozialismus wirklichkeitsgetreu darzustellen. Wir bitten um Geduld, bis die umfangreichen Recherchen ein vorzeigbares Ergebnis hervorgebracht haben.
Am 18.09.1945 wird die Schule wieder geöffnet. Schulleiter (bis 1952) wird OStD Fritz Blum.
Die materiellen Schwierigkeiten sind in den ersten Nachkriegsjahren gewaltig: Raumnot, fehlendes Mobiliar, Mängel an Heizmaterial. Schichtunterricht und Wanderklassen sind die Regel. Durch den Zuzug vieler Flüchtlinge seigt die Zahl der Schüler sprunghaft an.
Im April finden die ersten Schulspeisungen statt. Wieder helfen vor allem amerikanische Wohlfahrtsorganisationen.
Die Lebens- und Lernbedingungen verbessern sich allmählich. Die “Vereinigung der Freunde und Förderer der Staatlichen Oberschule” wird gegründet.
Das Hauptgebäude wird endlich wieder aufgebaut.
Am 22. April feiert die Schule ihr 50jähriges Bestehen im neuen Schulgebäude. Die Schülerzahl steigt wenig später auf 1100 Schüler in 28 Klassen. Hinsichtlich des Fächerangebots beginnt eine Zeit des Experimentierens mit unterschiedlichen Sprachenfolgen und Zweigen.
Neuer Schulleiter des Willms wird OStD Heinrich Wolk.
Die Stadt gründet eine zweite Oberschule, das spätere “Max-Planck-Gymnasium”. Die Zahl der Schüler des Willms sint deshalb in den folgenden Jahren deutlich.
Die Stadt Delmenhorst übernimmt wieder die materielle Schulträgerschaft und leistet erhebliche Aufwendungen.
Auf Initiative der neugegründeten Schülermitverwaltung (heute Schülervertretung genannt) erscheint die erste Schülerzeitung “Prisma”.
Die Schule wird in “Gymnasium an der Willmsstraße” umbenannt. Nur der mathematisch-naturwissenschaftliche Zweig wird beibehalten. Gleichzeitig wird das “Gymnasium an der Max-Planck-Straße” zu einem neusprachlichen Gymnasium. Diese umstrittene und äußerst kontrovers diskutierte Entscheidung des Schulträgers bewirkt in den Folgejahren einen starken Rückgang der Anmeldungen – insbesondere von Mädchen.
Im Treppenhaus des A-Gebäudes wird eine Gedenkstätte für die in den beiden Weltkriegen gefallenen Schüler und Lehrer eingerichtet.
Das “Gymnasium an der Willmsstraße” wird geleitet von Schulleiter OStD Heinz Tütken.
Gemäß der “Saarbrücker Rahmenvereinbarung” der Kultusministerkonferenz wird die Sprachenfolge eingeführt: Englisch – Latein/Französisch/heute auch noch Spanisch – Wahlsprachen.
Die Aufnahmeprüfung wird abgeschafft. Die Klassen 5 und 6 werden zur “Eingangsstufe” zusammengefasst, die der besseren Förderung der Schüler dienen soll.
Der Schuljahresbeginn wird von Ostern auf den 1. August verlegt. Als Übergangsregelung werden zwei Kurzschuljahre vorgeschaltet.
Das “Gymnasium an der Willmsstraße” wird geleitet von Schulleiter OStD Heino Schröder.
Infolge starker Jahrgänge und einer “Offensive zur Erschließung der Bildungsreserven” steigen die Schülerzahlen dramatisch an. Andererseits belasten Lehrermangel und empfindliche Raumnot die Arbeit.
Die Orientierungsstufe wird in Delmenhorst und Umgebung eingeführt. Schüler aus dem Landkreis Oldenburg dürfen die Delmenhorster Gymnasien nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung besuchen, da nach der Gründung des Gymnasiums Ganderkesee feste Schulbezirke eingeführt werden.
Das Kollegium beschließt die vorzeitige Einführung der reformierten Oberstufe, da die Stadt zu umfangreichen Investitionen bereit ist. Die Spezialisierung auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig entfällt damit.
Das 75jährige Bestehen der Schule wird im Rahmen einer Festwoche mit vielen Veranstaltungen gefeiert.
Das erste Abitur im Rahmen der reformierten Oberstufe wird am Gymnasium an der Willmsstraße abgelegt.
Vor den Sommerferien wird zum ersten Mal eine Projektwoche durchgeführt. Aus dem Versuch wird ein fester Bestandteil des Schullebens. Von 1990 an liegt ein Schwerpunkt auf der Umgestaltung und Verschönerung des Schulgeländes und des Schulinneren.
Das Schulleben wird seit 1986 durch die Gründung einer Theatergruppe belebt, deren Tradition noch heute im Rahmen des Kulturprojektes fortgesetzt wird.
Um gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen, wird der Nachmittag für die Förderung von Schülern in das Unterrichtsangebot einbezogen.
Es entstehen zwei neue Traditionen, die bis heute gepflegt werden: “Tag der Offenen Tür” und “Weihnachten am Willms”.
Das “Gymnasium an der Willmsstraße” wird geleitet von Schulleiter OStD Burkhard Leimbach.
Die “Nachmittagsbetreuung” wird zur “Offenen Ganztagsschule” weiterentwickelt. Zur Versorgung wird die schon lange ersehnte Cafeteria geschaffen. Die Schule erhält zudem einen Internetanschluss.
Das “Gymnasium an der Willmsstraße” wird geleitet von Schulleiter OStD Stefan Nolting.
Das Willms bietet als weitere 2. Fremdsprache ab Klassenstufe 6 neben Latein und Französisch auch Spanisch an.