Willms Gymnasium

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Am Willms-Gymnasium wird groß gedacht

13.06.23 | Weser Kurier

Vorherige Pressebeiträge

Ein deutschlandweites Netzwerk von Schulen trifft sich unter Federführung des Gymnasiums an der Willmsstraße für zwei Tage in Delmenhorst und denkt über den Umgang mit künstlicher Intelligenz nach.

Spätestens seitdem vermutet wird, die Software “ChatGPT” könnte von Schülern dazu genutzt werden, in Schularbeiten zu schummeln, hat die künstliche Intelligenz auch im Schulalltag Einzug gehalten. Am Willms-Gymnasium ist man allerdings bereits einen Schritt weiter: “Wir sind von unserem MINT-EC-Netzwerk gebeten worden, einen Cluster zu künstlicher Intelligenz aufzubauen”, sagt Schulleiter Stefan Nolting. 338 Schulen sind derzeit in dem Netzwerk der mathematisch-naturwissenschaftlichen Exzellenz-Schulen vertreten. 13 von ihnen treffen sich diesen Montag und diesen Dienstag in Delmenhorst, um darüber zu beraten, wie künftig mit künstlicher Intelligenz an Schulen umgegangen werden könnte.

“Die Resonanz gerade auch aus der Industrie ist riesig”, freut sich Nolting und berichtet, dass das Thema bei Arbeitgebern gerade dermaßen in aller Munde ist, dass auch Fördermittel eingeworben werden könnten. Und für die Schüler verspreche das glorreiche Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Das ist Nolting wichtig. Deshalb ist die Auftaktkonferenz auch keine Lehrkräfteveranstaltung, sondern paritätisch besetzt: Auf eine Lehrkraft kommt ein Schüler oder eine Schülerin. “Wir gehen davon aus, dass unsere Schüler bei Technikfragen schon weiter sind als wir Lehrer“, sagt Nolting. Deshalb nehme die Schule das Heft des Handelns auch gern selbst in die Hand. Verwaltungsstrukturen neigen dem Vernehmen nach mitunter zum Zerreden und die Schnelllebigkeit der technischen Entwicklungen würde gemachte Pläne sofort durchkreuzen: Sie wären einfach nicht mehr zeitgemäß.

Technische und gesellschaftliche Dimension

Für Klaas Wiggers, Lehrer am Willms und Koordinator für den MINT-Bereich, gebe es bei der künstlichen Intelligenz zwei Dimensionen, die nicht isoliert betrachtet werden dürfen: “Einerseits geht es um die technische Dimension und da gehört auch das Erlernen einer bestimmten Denkweise hinzu”, sagt Wiggers und meint das Denken in sogenannten neuronalen Netzen, in denen nicht bloß Wenn-dann-Funktionen aufgelöst, sondern komplexe Sachverhalte gedacht würden. “Andererseits hat künstlichen Intelligenz aber auch eine gesellschaftskritische Dimension, die nicht zu kurz kommen dürfe.” Allerdings kritisiert Wiggers eine grundsätzlich ablehnende und wenig offene Haltung gegenüber den Fortschritten der Technik. Denn wenn künstlichen Intelligenz grundsätzlich abgelehnt würde, dann könne man über die mitunter gefährlichen Folgen gar nicht nachdenken. Und dass künstliche Intelligenz mitunter für Leid und Elend verantwortlich werden könnte, könne man derzeit nicht ausschließen. Wiggers beobachte derzeit ein Gefühl des Ausgeliefertseins an die künstlichen Intelligenz, die damit zum Bedrohungsszenario werde. Dabei ginge es aber um einen selbstbewussten Umgang: “Deutschland ist das Land mit den meisten Patenten und der kreativsten Industrie, aber die Bevölkerung wirkt sehr zögerlich”, sagt Nolting.

Drei Gäste aus verschiedenen Disziplinen sind eingeladen worden. Thorsten Leimbach vom Fraunhofer-Institut für intelligente Analyse- und Informationssysteme arbeitet bereits seit Jahren an einer Plattform, über die das Programmieren und Denken in Funktionen gelehrt und gelernt werden kann. Vanessa Just hat ihre Ausbildung hinter sich und nach der Promotion im ohnehin interdisziplinären Wirtschaftsingenieurwesen eine Firma gegründet, die sich einerseits mit der Frage beschäftigt, wie “KI-Unternehmen” dabei helfen kann, nachhaltiger zu werden. Andererseits will die Firma auch helfen aufzuzeigen, welchen Einfluss künstlichen Intelligenz auf den eigenen CO?-Fußabdruck haben könne. Denn: “Nicht jede KI ist unbedingt sinnvoll”, sagt Just.

Befreiung von unnötiger Arbeit

Dabei gehe es derzeit auch um den Umgang mit “ChatGPT”. “Natürlich kann man das als reine Bedrohung wahrnehmen, aber auch als Chance”, sagt Just. Und künstlichen Intelligenz könne helfen, Lernmittel zu individualisieren: “Vielleicht lesen Sie lieber oder hören einen Podcast”, sagt Just. Der Lerneffekt sei auf vielen Wegen zu erlangen, oberstes Ziel sei aber, die Lehrkräfte von Arbeit zu befreien, die der Arbeit am Schüler im Weg stehen. “Wenn Lehrer weniger Zeit für die Korrektur von Klassenarbeiten aufwenden müssen, dann haben sie automatisch mehr Zeit für ihre Schüler”, nennt Just ein Beispiel.

Wie die Informatik im Schulunterricht behandelt wird, erforscht Ira Diethelm, Professorin für die Didaktik der Informatik an der Universität Oldenburg. Denn an niedersächsischen Schulen wird Informatik ab dem kommenden Schuljahr zunächst für die zehnten Jahrgänge zum Pflichtfach, anschließend sollen auch die neunten Jahrgänge folgen. An den Grundlagen ändere sich aber nichts: “Die Funktionsweise elektronischer Datenverarbeitungssysteme basiert auf den Ziffern 1 und 0”, sagt Diethelm. Das müsse man verstehen, um auch die Grenzen der Computer kennenzulernen. Und am spielerischen Lernen von Programmiersprache werde derzeit intensiv geforscht.