Willms Gymnasium

Gymnasium an der
Willmsstraße
Willmsstraße 3
27749 Delmenhorst
Tel.: 04221/58 676 0

Außenstelle der
Jgg. 8, 9 und 10
Königsberger Str. 65
27755 Delmenhorst
Tel.: 04221/58 676 50

Zeitzeuge Mario Röllig berichtet bei Demokratieprojekt in Delmenhorst

14.12.24 | Weser Kurier

Vorherige Pressebeiträge

Um Demkoratiebildung ging es am Freitag im Gymnasium an der Willmsstraße in Delmenhorst. Themen wie Proteste, Aufstände und soziale Medien standen im Mittelpunkt.

Die Aula des Gymnasiums an der Willmsstraße war gut gefüllt an diesem Freitag. Etwa 140 Schüler kamen zusammen, um an dem Demokratiebildungsprojekt “Protest # Aufstand # Transformation” teilzunehmen. Konkret ging es darum, das Themenfeld “Proteste und Aufstände” aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und zu diskutieren. Vom Ablauf diente eine interaktive Präsentation mit Moderatoren und ein persönlicher Bericht eines Zeitzeugen als Diskussionsgrundlage. Zum Abschluss stand eine Podiumsdiskussion an.

Als Zeitzeuge hatten die Organisatoren Mario Röllig geladen. Er ist 1967 in Ost-Berlin geboren und startete 1987 einen Fluchtversuch über Ungarn in den Westen. 1988 wurde er dann aus der DDR ausgebürgert. Die ungarische Grenzpolizei verhaftete Röllig und übergab ihn dem DDR-Staatssicherheitsdienst, woraufhin er für drei Monate in das Untersuchungsgefängnis nach Berlin-Hohenschönhausen kam. Heute ist er unter anderem für die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen tätig und leistet Aufklärungsarbeit.

Eine Geschichte hat den 57-Jährigen besonders bewegt. In den 1990er-Jahren arbeitete Röllig im Kaufhaus des Westens. Dort war einer seiner Kunden ein Herr von der Stasi, und zwar genau der, der ihn zwölf Jahre zuvor verhört hatte. Röllig sprach ihn an und meinte: “Wir kennen uns.” Der Mann hätte gefragt, woher? Als Röllig ihm die Geschichte erzählte und gerne wenigstens eine Entschuldigung gehabt hätte, habe der Mann angefangen, Röllig anzuschreien. Er habe gemeint: “Reue ist etwas für kleine Kinder.” Röllig musste daraufhin nach Hause, bekam Panikattacken und Depressionen, weil das Erlebte ihn gedanklich wieder einholte. Er versuchte sogar, sich mit Schlaftabletten das Leben zu nehmen.

Bei der Podiumsdiskussion, welche am Ende der Veranstaltung auf dem Plan stand, nahmen neben Röllig noch Quinton Jeck, Schüler am Willms-Gymnasium und Mitglied der Jusos sowie Luis Chab als Moderator und Aktivist teil. Zuerst noch zögernd, gingen auf die Frage, ob es Fragen oder Anregungen aus dem Publikum gebe, immer mehr Hände hoch. Es ging um Themen wie Kriege, die Alternative für Deutschland (AfD) oder die sozialen Medien. Eine Schülerin forderte, mehr Politikunterricht und Veranstaltungen wie diese zu fördern. Auch unter den drei Bühnengästen wurde diskutiert. Es ging beispielsweise um Linksradikalismus und Rechtsradikalismus. “Die Linke ist heute nicht mehr gefährlich, da stimme ich dir zu”, meinte Röllig zu Chab. Früher sei dies jedoch anders gewesen. Durch seine Erfahrungen in der DDR ist Röllig mittlerweile eher dem konservativen Lager zugeordnet. Seit vielen Jahren ist er Mitgleid der CDU. Er wolle mit allem, was mit Sozialismus zu tun hat, nichts mehr zu tun haben.

Auch die Macht der sozialen Medien war ein Thema. So wurde beispielsweise diskutiert, wie man die Meinungsfreiheit wahren kann, ohne Hass eine Bühne zu geben. “Wir brauchen eine dolle Diskussion und vielleicht auch mal eine radikale Meinung”, meinte Chab. “Wir haben hier viel darüber gesprochen, was eine Demokratie ausmacht – Schweigen gehört nicht dazu”, so Chab. Auch das Verbotsverfahren der AfD war ein Thema. Jeck ist für ein Verbot der Partei. Röllig meint dazu: “Für ein Verbotsverfahren gibt es zu viele Hürden.” Eine Schülerin äußerte ebenfalls ihr Unbehagen zu der Causa. Auch “normale Leute” würden die Partei wählen, Bürger, die Sorgen hätten beispielsweise, meint sie. Da sei es schwierig, deswegen eine gesamte Partei zu verbieten. Jeck entgegnete, dass es bei jeder Partei auch “normale Leute” geben könne, die diese wählen, und man daher bei keiner Partei in Betracht ziehen dürfe, diese zu verbieten.

Zur Sache

Der Verein “Multivision”

Organisiert hatte die Veranstaltung der Verein “Multivision” aus Hamburg. Der Verein ist seit 1998 bundesweit tätig und hat etwa 30 Mitarbeiter. Laut eigenen Angaben organisieren diese rund 1000 Veranstaltungen im Jahr – sowohl bundesweit als auch in Österreich. Themen wie Demokratie, Ökologie und Energiewende hat sich der gemeinnützige Verein auf die Fahne geschrieben. Das Angebot richtet sich an Jugendliche und Erwachsene.