Die Transformation zur Industrie 4.0 ist in der Metall- und Elektroindustrie in vollem Gange. Das hat auch die Ausbildungsberufe verändert. Was das bedeutet, erleben Willms-Schüler in einem multimedialen Truck.
Seit neun Jahren tourt Ralf Abromeit mit einem Info-Truck des Gesamtmetallverbands durch Deutschland, um Schüler über die Berufe in der Metall- und Elektroindustrie aufzuklären. Egal, wo er hinkommt, stets hat der pädagogische Berater einen ganz besonderen Rat für die Schüler parat – so auch am Dienstagmittag bei seinem Besuch am Willms-Gymnasium in Delmenhorst: “Sucht euch einen Beruf, bei dem ihr nie wieder arbeiten müsst.” Als ihn die neun Zehntklässler, die gerade den Truck an der Außenstelle des Willms betreten haben, fragend anblicken, löst Abromeit auf: “Ich meine damit: Macht euer Hobby zum Beruf.”
Diesen Rat unterschreibt auch Schulleiter Stephan Nolting: “Das ist profan, aber wahr.” Er weiß, dass dies für manche Schüler nicht leicht umzusetzen ist. Oft seien die Eltern die Ausbremser. Doch Nolting bestärkt seine Schüler darin, sich von den Eltern zu emanzipieren und ihren eigenen Weg zu gehen. Dieser müsse auch mit Abitur nicht zwangsläufig zum Studium führen. Studieren ist für Nolting längst nicht der Weisheit letzter Schluss. Ganz im Gegenteil. “Wir haben viele Hidden Champions bei uns in der Region”, meint Nolting. Ein duales Studium bei diesen sieht er als gute, wenn nicht gar bessere Alternative zum klassischen Studium. Oftmals seien die versteckten Champions, wie der Name es sagt, jedoch nicht bekannt. Als Nolting bei der Schulleiterkonferenz der Mint-Schulen im November den Truck des Gesamtmetallverbands sah, der Ausbildungsmöglichkeiten bei Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie vorstellt, war er deshalb sofort begeistert. “Den müssen wir zu uns holen”, sagt Nolting. Und das hat geklappt. Noch bis Freitag wird der Truck am Willms zu Gast sein. Alle Zehntklässler werden diesen besuchen und in einer rund 75-minütigen Unterrichtseinheit einen Einblick in die Berufe der Metall- und Elektroindustrie bekommen.
Den Auftakt jeder Unterrichtseinheit macht ein etwa 30-minütiger Theorieteil, in dem Ralf Abromeit zeigt, wie groß die Bandbreite der Ausbildungsberufe ist. Unterstützt wird er dabei von Sandro Göttisch, der im zweiten Jahr eine Ausbildung zum Informationselektroniker bei Bosch in Stuhr absolviert. “Der Beruf macht viel Spaß”, sagt Göttisch, der insbesondere die Vielseitigkeit schätzt: “Wir haben viele verschiedene Kunden, vom Altersheim bis zur Fabrik. Man bekommt somit auch Einblicke in andere Bereiche.”
Nach der Einführung geht es schließlich zum praktischen Teil der Unterrichtseinheit in dem 80 Quadratmeter großen Truck. Dabei wird vor allem eines deutlich: Die Transformation zur Industrie 4.0 ist in den Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in vollem Gange. Digitalisierung und vernetzte Produktionsprozesse haben die Arbeitsplätze gewandelt und die Ausbildungsberufe modernisiert. Ein Vertreter dieser modernen Arbeitswelt in dem Truck ist der kollaborativ arbeitenden Roboter namens “Cobot”. Gemeinsam mit diesem bauen die Schüler selbst ein Zahnradgetriebe zusammen. “Ein zweites Highlight in unserem Truck ist die CNC-Fräsmaschine”, sagt Ralf Abromeit. An dieser Übungsmaschine dürfen die Zehntklässler selbst fräsen, beispielsweise ein Ying-Yang-Zeichen in eine Alu-Platte. “Wir weisen nur ein, dann machen sie das allein”, betont der pädagogische Berater. Als Andenken dürfen sie das fertige Stück mit nach Hause nehmen.
Zum Abschluss der 75-minütigen Unterrichtseinheit hat Ralf Abromeit noch zwei Fragen: “Hat es Spaß gemacht?” Die einhellige Antwort der Schüler: Ja. Die zweite Frage lautet: “Schaut ihr euch die Berufe und Unternehmen einmal genauer an?” Und auch darauf sagt zumindest ein guter Teil der Zehntklässler, dass sie gern ein Praktikum bei einem Unternehmen der Metall- oder Elektroindustrie machen wollen. “Das ist gut”, sagt Abromeit. Denn am Ende hat er noch einen weiteren Tipp für die Schüler: “Geht mehr raus, schaut euch mehr an. Interesse kommt durch Tun.”