Das Willms-Gymnasium in Delmenhorst will seinen Schülern neben dem normalen Lehrstoff auch Kompetenzen im Bereich Künstliche Intelligenz mitgeben. Über das Wie informierte sich nun die Bundesbildungsministerin.
Bereits am Morgen zeigt das Thermometer mehr als 20 Grad: In den Räumen des Willms-Gymnasiums in Delmenhorst ist es warm und schwül. Manch einer wünscht sich da an einen kühleren Ort. Realisieren lässt sich dies in echt nicht, virtuell aber schon – dank einer Virtual-Reality-Brille, über die das Gymnasium verfügt. Und so fliegt der zwölfjährige Linus am Freitagmorgen kurzerhand nach Grönland. Anschließend geht seine Reise weiter nach Berlin – auf Wunsch der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. “Schauen wir doch mal, was in meinem Ministerium gerade so los ist”, sagt sie und zeigt sich verblüfft, als ihr der zwölfjährige Gymnasiast diesen Wunsch im Handumdrehen erfüllt. “Das ist ja auch ein Geografietest”, stellt die Ministerin fest und startet nach einer kurzen Einweisung einen Selbstversuch. Von Delmenhorst aus fliegt sie einmal über den Regierungsbezirk in Berlin hinweg.
“Ich bin beeindruckt von dem, was ich hier heute gesehen und gehört habe”, erklärt Bettina Stark-Watzinger zum Abschluss ihres rund zweistündigen Besuchs am Willms, bei dem sie sich über mehrere Projekte zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) informiert hat. Den breitesten Raum nahm dabei das Pilotprojekt des Delmenhorster Gymnasiums mit dem Frauenhofer IAIS in Sankt Augustin ein, das seit dem vergangenen Jahr unter dem Titel „AI 4 Schools“ läuft. Idee dieses Projektes ist es, Oberstufenschülern einerseits wichtige Einblicke in die Schlüsseltechnologie KI und erste Programmierkenntnisse zu vermitteln sowie andererseits eine Basis für eine gesellschaftliche Diskussion über mögliche Einsatzbereiche von KI und zukunftsfähige Berufsperspektiven aus erster Hand zu geben.
Ein erster Pilottag im November 2021 zeigte, dass ein Tag für die Vermittlung der vielseitigen Inhalte nicht ausreicht. Die Folgeveranstaltung Ende Juni dieses Jahres wurde deshalb zu einem zweitägigen Forum ausgeweitet – und war ein voller Erfolg. An dem Forum nahmen 25 Oberschüler teil. Einer davon war Sabahaddin Arslan. “Es hat Spaß gemacht, wir haben viel gelernt”, berichtet der 18-jährige Gymnasiast. Das bestätigt auch sein Schulkamerad Felix Flügger: “Wir haben in den zwei Tagen viel Input bekommen.” Entscheidend dabei sei jedoch vor allem eines gewesen. “Alles, was wir gemacht haben, war verständlich”, merkt der 18-Jährige an. So habe er unter anderem gelernt, mit Code zu programmieren.
“Das Konzept ist mehrfach erfolgreich erprobt”, zeigt sich auch Max Landefeld vom Frauenhofer IAIS zufrieden. Deshalb hat sich das Institut zum Ziel gesetzt, das Projekt an vielen weiteren Schulen in ganz Deutschland zu verstetigen. Am Willms selbst ist die Fortsetzung des Projektes bereits gesichert. “Die Grundfinanzierung steht”, berichtet Schulleiter Stefan Nolting. So wird es im September am Willms erneut ein zweitägiges Forum geben. “Umliegende Gymnasien können auch mitmachen”, betont Klaas Wiggers, der als Mint-Koordinator das Projekt seitens des Willms betreut.
Wöchentlich steht er über Videokonferenzen im engen Austausch mit dem Frauenhofer IAIS. Gemeinsam haben sie dabei für Ende November ein Mint-EC-Camp geplant, an dem Schulen aus ganz Deutschland teilnehmen werden. Das Delmenhorster Gymnasium ist der Gastgeber. Die Resonanz auf dieses Camp ist bereits jetzt – drei Monate vorher – groß. “Die Anmeldung ist mehrfach überzeichnet”, berichtet Wiggers. Für ihn steht fest: Künstliche Intelligenz ist ein wichtiges Thema, das Schülern vermittelt werden sollte, um sie “fit für den Beruf zu machen”. Dazu gehören seines Erachtens aber auch Fortbildungen für Lehrer, “damit sie sich bei diesem Thema auch kompetent fühlen”. Denn Künstliche Intelligenz werde am Willms nicht nur außerhalb des Lehrplans behandelt, sondern in den Unterricht einbezogen. “Es gibt viele Anknüpfungspunkte”, sagt Arne Renz, der seit einem Jahr im naturwissenschaftlichen Bereich am Willms unterrichtet. Als Beispiel nennt er den ethischen Diskurs.
Wie wichtig der ethische Aspekt ist, weiß auch Klaas Wiggers. Dennoch er ist der Auffassung: “Künstliche Intelligenz hat in Deutschland ein Problem in der Wahrnehmung.” In anderen Ländern sei man da weniger kritisch. “Datenschutz ist wichtig. Doch es gibt auch KI-Bereiche, die ermöglicht werden sollten”, ist er überzeugt und verweist auf die Medizin.