Das Wort „Hochbegabung“ nimmt Stefan Nolting, Schulleiter des Gymnasium an der Willmsstraße, nicht so gerne in den Mund – zu hochtrabend. Er redet lieber von „sehr begabten Schülern“. Angesichts der Quantität eben jener Schüler an seiner Schule bietet sich ihm die Gelegenheit dazu auch sehr oft. Regelmäßig lädt das Gymnasium ein: Zuletzt wieder am vergangenen Freitag als er den Teilnehmern des internationalen Mathematik-Wettbewerbes Bolyai Urkunden und eine Tasche mit Präsenten überreicht hat. „Das ist eine außergewöhnliche Leistung“, lobt der Schulleiter.
Das Besondere an dem Mathewettbewerb ist, dass die Schüler in Teams nach Lösungen suchen müssen. Das Kniffelige daran: „Es können bei einer Aufgabe eine oder auch mehrere Antworten richtig sein. Mit jeder Aufgabe wird es schwieriger“, erklärt Lehrerin Béatrice Gronau, die für die Begabtenförderung an der Schule zuständig ist und die Mathe-AG betreut. Zum zweiten Mal hat das Willms-Gymnasium Schüler an den Start des ungarischen Wettbewerbs geschickt – insgesamt acht Teams mit 27 Schülern. Dieses Mal mussten die Teams binnen einer Stunde ihre Lösungen online einreichen.
„Dieser Wettbewerb ist in verschiedenen Dimensionen interessant. Zum einen müssen die Schüler als Team eine Aufgabe lösen und zum anderen messen sie sich länderübergreifend mit anderen Schülern in ihrer Altersklasse“, sagt Nolting. Gerade Letzteres sei in der Begabtenförderung wichtig. „Die Aufgabe von Schule ist es, begabte Schüler mit anderen begabten Schülern zusammenzubringen und Impulse zu geben. Der Wettbewerbscharakter ist wichtig“, betont der Schulleiter.
Hinzu kommt das Konzept des Gymnasiums. Vor allem in den vergangenen drei Jahren hat das Willms-Gymnasium die Begabtenförderung forciert. Die Schule arbeitet mit den Universitäten Bremen, Oldenburg und Rostock zusammen. 35 Schüler haben in den vergangenen zwei Jahren auf diese Weise bereits ein Frühstudium begonnen. Die Menge der Schüler sei eher unüblich. Ein bis zwei Schüler pro Jahr sei eher der Standard. „Hauptsächlich werden Schüler, die gut in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) sind, auf diese Weise gefördert“, erklärt Béatrice Gronau.
Die Lehrerin spielt ebenfalls eine besondere Rolle bei der Begabtenförderung an der Willmsstraße. Sie besitzt das ECHA-Diplom – einer speziellen Qualifizierung für die Hochbegabtenförderung – und ist damit eine Seltenheit in der Region. Nach Angaben der Schule gibt es deutschlandweit jährlich nur 30 Diplomanten, die den Studiengang an der Universität Münster abschließen. „Im Umkreis von 70 Kilometern hat keine andere Lehrkraft eine vergleichbare Ausbildung“, betont Nolting. Ebenso gehören das Forder-Förder-Projekt und natürlich die Mathe-AGs zum Erfolgsrezept des Willms-Gymnasiums. Am Bolyai-Mathewettbewerb wird die Schule auch im kommenden Jahr teilnehmen. Spätestens dann dürfte Stefan Nolting wieder einen guten Grund, um über sehr begabte Schüler zu sprechen.