Erneut haben am Willms-Gymnasium in Delmenhorst drei Schüler ihren Abschluss mit Bestnote gemacht. Wie sie das geschafft haben, erzählen sie.
Nachrichten, E-Mails und Tweets in sozialen Medien: Unzählige Informationen prasseln täglich – vom Aufwachen bis zum Einschlafen – auf uns ein. Der Haken an der Informationsflut: Sie stört das konzentrierte Arbeiten. Um dieser Falle zu entgehen, hat der 20-jährige Niels Polle sein Handy nicht einfach nur ausgeschaltet, wenn er lernen musste, sondern sogar aus dem Raum verbannt. “Manchmal habe ich sogar vergessen, wo genau ich mein Handy hingelegt habe, und musste eine halbe Stunde lang suchen”, erzählt der Stuhrer. Letztlich hat sich diese Strategie jedoch ausgezahlt. Sein Abitur am Willms-Gymnasium in Delmenhorst hat er mit 1,0 gemacht.
Damit steht der 20-Jährige nicht allein. Wie schon im Vorjahr hat das Willms auch in diesem Jahr wieder drei Schüler, die ihren Schulabschluss mit Bestnote geschafft haben. Die beiden anderen sind die 19-jährige Rieke Lühmann aus Lemwerder und der 18-jährige Delmenhorster Sandro Hauschild.
“Wir sind stolz auf diese Leistung”, sagt Cornelia Kehler, Koordinatorin der Qualifikationsphase. Das Besondere sei, dass die Drei die Breite der Oberstufe repräsentieren. Während Sandro Hauschild ein Ur-Willmser ist, der bereits seit der fünften Klasse das Delmenhorster Gymnasium besucht, sind Niels Polle und Rieke Lühmann erst zur Oberstufe an die Schule an der Willmsstraße gewechselt. “Auch wer erst später zu uns kommt, kann erfolgreich sein”, resümiert Kehler. Polle und Lühmann seien dafür der beste Beweis.
Dass sie ihr Abitur einmal mit 1,0 ablegen würde, war für die 19-Jährige, die Englisch, Deutsch und Mathe als Leistungsfächer hatte, kein Selbstläufer. Zwar sei sie schon immer eine sehr gute Schülerin gewesen, doch ihre Schule in Lemwerder sei klein gewesen. Sonderlich hohe Erwartungen an sich hatte sie zu Beginn ihres Wechsels nach Delmenhorst deshalb nicht. “Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Alles war neu”, erinnert sie sich. Auch von zu Hause habe sie keinen Druck bekommen. Einen gewissen Ehrgeiz habe sie mit der Zeit allerdings schon entwickelt, wie sie einräumt. Die 1,0 sei nicht unbedingt das Ziel gewesen. “Aber ich wollte das Bestmögliche rausholen”, sagt sie. Damit das gelingt, hat auch sie beim Lernen ihr Handy aus gemacht und in ein anderes Zimmer gelegt.
Doch das allein ist es nicht gewesen, wie ihre Lehrerin Kehler anmerkt. Über ihre Schülerin weiß sie zu berichten, dass bei ihr “eine gewisse Begabung und Talent mit Fleiß zusammenfallen”. Die 19-Jährige bestätigt: “Fleiß gehört immer dazu.” Sie habe auch gelernt. Das habe ihr allein schon ihre “perfektionistische Art” geboten. So hätte sie es sich selbst nicht verziehen, hätte sie nicht alles ihr Mögliche gegeben.
Genauso sieht es auch Niels Polle. Das Beste zugeben, sei der Anspruch gewesen, den der 20-Jährige an sich gehabt habe. Seit der achten Klasse habe er sich kontinuierlich verbessert. “Es ist mir aber nie einfach zugefallen”, betont er, dessen Leistungsfächer Geschichte, Englisch und Politik waren. Über Jahre hinweg habe er “diszipliniert durchgezogen”. Das galt auch für das Lernen für die Abiturprüfungen. Insbesondere in Geschichte habe er früh angefangen und mit einem strukturierten Lernplan gearbeitet. “Man kann das nicht kurzfristig in den Kopf rein prügeln, man muss es über Wochen aufnehmen”, so Polle. Etwas anderes sei es mit den beiden Prüfungsfächern Englisch und Spanisch gewesen. “Wenn man es vor der Prüfung nicht kann, dann hilft auch Lernen nichts”, sagt er.
Das bestätigt Rieke Lühmann. Beim Lernen für ihre Prüfungen habe sie deshalb ihre “Energie strategisch” eingeteilt. Für Englisch habe sie nicht bis ins “kleinste Detail” gelernt, für Geschichte jedoch schon. Diese Strategie war auch notwendig, denn drei ihrer vier schriftlichen Arbeiten musste sie innerhalb einer Woche schreiben.
Deutlich besser hatte es Sandro Hauschild, dessen Prüfungen sehr verteilt lagen. “Da hatte ich Glück”, sagt der 18-Jährige. Doch Glück allein hat ihm das 1,0-Abitur nicht beschert. Noch während der regulären Unterrichtsphase habe er bereits mit dem Lernen für die Prüfungen begonnen. In seinen beiden Leistungsfächern Mathematik und Physik sei man mit dem Stoff schon früh durch gewesen, sodass einige Wochen im regulären Unterricht für das Abi geübt werden konnte. “Es ging vom Unterricht ins Üben über”, so Hauschild. Dass er seine Mathe-Prüfung mit einer guten Note bestanden habe, sei ihm direkt klar gewesen. Während es in Mathe für eine gute Note vor allem ein Logikverständnis braucht, war für sein drittes Leistungsfach Politik Fleiß gefragt. “Ich habe sehr viel auswendig lernen müssen”, sagt der 18-Jährige. Ein Gefühl, wie gut die Prüfung gelaufen ist, hatte er deshalb nicht.
Einen klaren Plan, wie es nach der Schule weitergehen wird, haben die drei Überflieger ebenfalls schon. Den Drang, ein Jahr Pause einzulegen, verspürt keiner von ihnen. “Ich mache gleich weiter”, sagt etwa Hauschild. Der 18-jährige Delmenhorster will weiterhin in Delmenhorst bleiben. Deshalb hat er sich entschieden, an der Universität in Bremen Jura zu studieren. Auch Rieke Lühmann zieht nichts von zu Hause weg. “Ich habe keine Lust, mir eine Wohnung zu suchen”, gesteht sie. Ihr Plan ist es, Psychologie in Bremen zu studieren. Dank ihres 1,0-Abiturs und einer bestandenen Eignungsprüfung stehen die Chancen dafür nicht schlecht.
Etwas weiter weg zieht es unterdessen Niels Polle. In Hamburg wird er ein duales Studium – BWL und Wirtschaftspsychologie – bei der Techniker Krankenkasse aufnehmen. Er hat sich gegen Medizin entschieden, obwohl dies lange sein Wunsch war. Der Umzug steht demnächst an. Eine Wohnung hat er bereits gefunden. “Das war pures Glück”, sagt der 20-Jährige. Eines Morgens gegen 10 Uhr habe er auf Immoscout geschaut und etwas Passendes entdeckt. “Ich habe sofort angerufen”, erzählt er. Parallel seien bei dem Anbieter zig weitere Anfragen eingegangen. Seine Familie sei dann zur Besichtigung gefahren. “Ich konnte nicht mit, weil ich meine Politik-Prüfung hatte”, so Polle. Dennoch habe er die Wohnung bekommen. Seine Vorfreude auf Hamburg und den neuen Lebensabschnitt ist groß. Das ist auch bei den beiden anderen zu spüren.
Die Abiturprüfungen in Niedersachsen sind in diesem Jahr noch vor den Osterferien gestartet. Geschrieben wurden neben Erdkunde und Kunst auch die drei naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Physik und Chemie. Wer die falsche Fächerkombination gewählt hatte, hatte also Pech. “Das ist ein Nachteil in der Vorbereitung”, ist Cornelia Kehler, Lehrerin des Willms, überzeugt. Die Abfolge der Prüfungen sei jedes Jahr ein Problem. “Doch dieses Jahr war sie besonders unglücklich”, so Kehler. Diese Ansicht teilt auch der Philologenverband. Dieser fragt sich: “Warum gibt es eine vernünftige Terminlegung für den Nachholtermin, nicht aber für den Haupttermin, an dem viel mehr Schüler beteiligt sind?” Der Verband unterstützt die Klagen des Landesschülerrates und die Forderungen nach einer breiteren Streckung bestimmter Fächerkombinationen.