Das Willmsgymnasium organisiert zum zweiten Mal einen Tag des Handwerks, diese Form der Berufsorientierung gibt Handwerksbetrieben die Chance, auf sich aufmerksam zu machen.
Einen Stierkopf als Wanddekoration haben Schüler des Willmsgymnasiums an diesem Freitag bei ihrem Tag des Handwerks gebastelt. Kai Schoop ist stellvertretender Ausbildungsleiter der Werft Abeking & Rasmussen. Er beschrieb die Mitmachaktion zur Werbung um Nachwuchskräfte als eine “Idee der eigenen Auszubildenden”. Dem Team von der Lemwerderaner Schiffs- und Yachtwerft ging es darum, den 15- und 16-Jährigen ganz plastische Einblicke in die Berufswelten von Bootsbauern und Industriemechanikern zu geben. Auf Türschilder wurden mit Schlagbuchstaben Namen graviert, um den Bereich Elektronik zu präsentieren, wurde an einer Figur gelötet. “Wir müssen auf uns aufmerksam machen”, begründet Schoop den Aufwand, den man sich im Wettbewerb um künftige Auszubildende leiste.
“Es gibt Jugendliche, die haben noch nie in ihrem Leben einen Akkuschrauber in der Hand gehalten”, sagt Sven Jochims, Geschäftsführer der örtlichen Kreishandwerkerschaft. Jochims begrüßt die Initiative des Willmsgymnasiums, ihren neunten Klassen Handwerksberufe nahe zu bringen. Zum zweiten Mal war zu dieser Messe eingeladen worden. Berufsorientierungstage, bei denen sich Bundeswehr, Banken und Zoll vorstellen, gebe es vielerorts. Dem Handwerk die Möglichkeit einzuräumen, seine Ausbildungsmöglichkeiten und Karrierechanchen zu präsentieren, sei für ein Gymnasium sogar bundesweit fast einmalig. Dass die Veranstaltung einen hohen Stellenwert hat, wurde auch dadurch deutlich, dass an vielen Ständen die Chefs selbst an Ort und Stelle waren. Für Jochims zählt, dass “nicht jeder Abiturient studieren gehen muss”.
“Es handelt sich noch um einen Anteil von rund 50 Prozent”, sagt Schulleiter Stefan Nolting. Das Gymnasium müsse seinen Schülern Informationen über alle Möglichkeiten der Berufsfindung geben. Neben Universitäten böten auch Fachhochschulen ein anerkanntes Bildungsangebot, und der Weg dorthin könne auch über eine zuvor absolvierte Berufsausbildung führen. Diesen Trend gebe es schon seit rund zehn Jahren. Den Betrieben komme zugute, dass sie rechtzeitig Nachwuchskräfte fänden, gut ausgebildete junge Leute würden auch einmal als Betriebsnachfolger gesucht. “Die Schule soll helfen, den Jugendlichen den Blick zu weiten”, sagt Nolting.
Rund 140 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen des Willms ließen sich aus einer Auswahl von 14 Berufsbildern jeweils zwei Ausbildungsmöglichkeiten vorstellen. In Workshops stellten metallverarbeitende Betriebe, Bauunternehmen, Friseure, Bäckereien, eine Fleischerei, Elektriker, die Werft Abeking & Rasmussen, aber auch die Pflegeschule des Delme-Klinikums ihre Ausbildungszweige vor. “Jeder Betrieb bietet etwas an, dass mit der Hand gefertigt werden kann”, sagte Jan-Niklas Lühring, Leiter der Außenstelle des Willms an der Königsberger Straße.
Um Feinwerkmechaniker, Metallbauer und Konstruktionstechniker bemüht sich das Unternehmen Klose-Industrietechnik. “Wir zeigen den jungen Leuten Perspektiven auf, unsere Auszubildenden werden immer wieder über Feedback-Gespräche fit gehalten und werden über ihre Entwicklungsmöglichkeiten in viele Richtungen informiert”, sagt Julia Klose. Sie ist im Familienunternehmen auch für die Personalentwicklung verantwortlich und freute sich besonders auf den Tag des Handwerks in Delmenhorst: “Ich bin selbst am Willms zur Schule gegangen”. Interessierte werden zu Praktika eingeladen und es gebe auch die Möglichkeit, sich als Werkstudent einzubringen.
Einblicke in die Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker gab der Kfz-Meisterbetrieb Budzinski. “Hauptsache, die Jugendlichen haben am Ende schwarze Finger”, scherzte Saskia Budzinski. Dass auch ihr Gewerbe nicht nur den Fachkräftemangel kenne, sondern auch zu wenig Schüler um eine Ausbildung nachfragen würden, liege auf der Hand. Schüler konnten sich an einer Bremse versuchen, die galt es auseinanderzubauen und nachher richtig wieder zusammenzusetzen, “dabei zählt die richtige Reihenfolge”, so Budzinski.