Am 20. Juli 1944 scheiterte Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit seinem Attentat auf Adolf Hitler. Heute wird er von vielen als Held gefeiert, erhält aber auch Kritik, dass er Teil des Nazi-Systems war und erst Widerstand geleistet habe, als er sah, dass der Krieg aussichtslos war. Über ihn und den Kampf gegen Extremismus sprach am Montagvormittag Karl Graf Stauffenberg, der Enkelsohn des Hitler-Attentäters, im Willms-Gymnasium.
„Mein Großvater war vieles, aber sicherlich kein großer Demokrat“, sagte Karl Graf Stauffenberg in der Aula, die von den Neunt- und Zehntklässlern sowie neugierigen Gästen bis auf den letzten Platz besetzt war. Er sei wie nahezu alle damals ein nationaldenkender Mensch gewesen, der selber gesehen habe, dass Demokratie nicht unbedingt funktionieren kann. „Er hat vielmehr das Königreich kennen und lieben gelernt“, sagte Stauffenberg und fand klare Worte für diejenigen, die Kritik am Handeln seines Großvaters äußern. „Wie kann ich einen Menschen 75 Jahre später in ein heutiges Wertesystem pressen, was es damals gar nicht gegeben hat“, so Stauffenberg.
Man habe nach dem Krieg eine Gesellschaftsform auf den Weg gebracht, die für Freiheit stehe. „In Europa wurde mit der Europäischen Gemeinschaft, später mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dann mit der Europäischen Union etwas geschaffen, das es vorher noch nicht gegeben hat.“ Dieses Selbstverständnis sei mit der damaligen Zeit nicht zu vergleichen. Stauffenberg: „Ich möchte meinen Großvater nicht verteidigen, aber ich versuche, sein Verhalten von damals zu erklären – und das so objektiv wie möglich.“
Auch über seine eigene Schulzeit konnte der FDP-Politiker den Schülern berichten. „Die neuen Lehrer haben sich nach etwa zwei Wochen den Namen aller meiner Klassenkameraden merken können. Meinen kannten sie schon vorher.“
Heute ist er Inhaber und Geschäftsführer der Gräflichen Eventmanufaktur Stauffenberg, engagiert sich politisch und hat einen Verein gegen jegliche Form von Radikalismus gegründet. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene möchte er so vor den Gefahren durch politischen und ideologischen Extremismus warnen. „Seit 2015 hat sich eine Masse an grauenvoller Kommunikation gebildet“, kritisiert er. Der Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) gelte dort nicht mehr. Gerade in den sozialen Netzwerken würden dies Parteien vom rechten Rand nutzen. „Solche Parteien, die mit einem demokratischen Diskurs nichts zu tun haben, hat es immer schon gegeben“, sagt Stauffenberg. „Aber die Akzeptanz war seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so groß wie heute.“
Keinen Unterschied macht er dabei zwischen Nationalsozialismus und Sozialismus. „Beide Seiten haben nicht das Ziel einer freien Gesellschaft, in der jeder sagen und machen kann, was er möchte und was er für richtig hält.“
Für wichtig halte er dagegen, dass jeder die Verantwortung für sich selbst und seine nähere Umgebung trage. „John F. Kennedy hat einmal gesagt: ,Frage dich nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst’ – und damit hat er verdammt recht.“