Schüler der neunten Klasse sind im Rahmen des Politikunterrichts ins Kliemannsland bei Zeven gefahren, um Demokratiemaschinen zu bauen. Damit wird ein philosophisches Konzept sichtbar.
Demokratische Prinzipien wie regelmäßige Wahlen und Gewaltenteilung, die Möglichkeit der Bevölkerung, die Wahrnehmung der politischen Geschicke gewählten Repräsentanten und nicht einem König oder Kaiser zu überlassen, gehören zum Selbstverständnis in der Bundesrepublik. Aber diese demokratischen Prinzipien sind zunächst theoretisch. Im Bundestag zeigt sich das Prinzip von den freien, gleichen und geheimen Wahlen, das Parlament wird zu einem Symbol. Den Ansatz, die unsichtbare und mitunter trockene Theorie von der Demokratie sichtbar zu machen, haben nun auch Schüler einer neunten Klasse am Willms-Gymnasium erfahren.
Die Grundbausteine moderner Demokratien stehen in den neunten Klassen regelmäßig auf dem Lehrplan. Doch wie man an diese Grundbausteine heranführt, können die Lehrkräfte selbst entscheiden. “Ich wollte mal einen anderen Einstieg in die Unterrichtseinheit nehmen”, sagt Malte Hegeler, Politiklehrer am Willms. Zunächst hatte Hegeler daran gedacht, mit seinen Schülern einen Ausflug zur Volkshochschule oder an die Kerschensteiner Schule zu unternehmen, denn dort gibt es Werkstätten. “Aber ein Kollege und ich sind große Fans von Fynn Kliemann und dachten, wir sollten vielleicht mal in sein Kliemannsland fahren.” Nur: Seine Schüler selbst kannten Kliemann nicht.
Kliemann ist durch Youtube-Filme bekannt geworden, in denen er im besten Sinne bastelt. Anfangs waren es nur Videos für Heimwerker, Bastler und Kreative. Später kaufte er einen alten Hof in Elsdorf, der nun zum Ausflugsziel der Schulklasse wurde. Und diesen Hof entwickelte er mit anderen zu einer “Kreativstätte unbegrenzter Möglichkeiten, Käsefalle für Visionäre und Macher, einem Ort, an dem Spinnereien Realität werden und alle einlädt, dem lästigen Einheitsbrei zu entfliehen”, wie sich das Kiemannsland selbst beschreibt. Im Jahr 2018 kaufte Kliemann gemeinsam mit dem Musiker Olli Schulz aus dem Nachlass des verstorbenen Musikers Gunter Gabriel dessen Hausboot, das beide in der Folge aufwendig restaurierten.
Für Hegeler war der Ort der perfekte für seine Idee, Demokratie sichtbar zu machen. Und weil das Programm “Demokratie leben” das Willms-Gymnasium ohnehin finanziell unterstützt, war auch Geld übrig, um den Ausflug zu organisieren. Und weil im Kliemannsland ohnehin Workshops angeboten werden, war man dort auch nicht sonderlich überrascht. “Wir wurden dort über das Gelände geführt und anschließend in einen Werkraum, wo wir uns austoben konnten”, sagt Hegeler. Und für die Schüler gab es noch einen Nebennutzen: “Einige Schüler hatten zuvor noch nie einen Akkuschrauber in der Hand, sie haben also auch etwas Handwerkliches gelernt.” Der alte Spruch, dass man nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernt, kam offenbar zur Geltung.
Die “Demokratiemaschinen”, die am Ende unter anderen einer Waschmaschine, einer Filteranlage und einem Fahrrad ähnelten, sollten eigentlich in der Langen Nacht der Jugend am 19. November ausgestellt werden. Pandemiebedingt wurde diese abgesagt und verschoben. So lange lagern die Werke.
