Mitte März kam die Nachricht: Wegen der Corona-Pandemie müssen alle Schulen sofort schließen, um eine mögliche Ausbreitung des Virus in den Schulen zu verhindern. Am Freitag stand der Beschluss fest und bereits ab Montag, 16. März 2020, wurde das Schulleben auf den Kopf gestellt. Zuerst fünf Wochen Schulschließung über die Osterferien, danach kehrten die einzelnen Jahrgänge nacheinander und in Halbgruppen wieder in die Schule zurück. Das Schulleben, in das sie und die Lehrkräfte zurückkehrten, unterschied sich aber deutlich von dem gewohnten Schulalltag: Desinfektion, Abstand, Leitsysteme und Masken in den Fluren waren zuerst noch ungewohnt, wurden aber schnell zur Gewohnheit.
Die größte Umstellung wurde im Bereich des Lernens geleistet: Aufgaben über IServ statt im direkten Kontakt, Lernfilm statt Unterrichtsgespräch, Telefon, E-Mail und Chat statt Gespräch zwischen Lehrkräften und Schüler*innen, Lernen alleine zu Hause statt im Austausch mit den Mitschüler*innen. Eine solche Umstellung hätten wir uns alle vorher nicht vorstellen können, deshalb überrascht es umso mehr, wie gut diese erste Phase des Homelearnings dann doch funktioniert hat.
Die Erfahrungen im Homelearning waren oft auch erstes Thema im neu aufgenommenen Unterricht in Halbgruppen. Aber für ein umfassendes Bild davon, was Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern in dieser Zeit beschäftigt, belastet, aber auch positiv überrascht hat, brauchten wir mehr Rückmeldungen. Daher haben wir im Juli 2020 eine Umfrage unter den Lehrkräften und den Schüler*innen durchgeführt. Zu Beginn des neuen Schuljahres wurden dann auch die Eltern befragt. Insgesamt nahmen 445 Schüler*innen, 64 Lehrkräfte und 185 Eltern an den Umfragen teil.
Das Wichtigste zuerst: Die erzwungene und plötzliche Umstellung auf das Homelearning wurde gut bewältigt. 92% der Schüler*innen und 82% der Eltern gaben an, dass die Umstellung gut bzw. mit kleineren Anfangsproblemen gelang. Vor allem die bereits seit Jahren genutzte Lernplattform IServ hat sich bei der Bewältigung der Situation bewährt. Wichtigstes Tool wurde das Aufgaben-Modul, über das die Aufgaben übersichtlich gestellt und auch Ergebnisse und Rückmeldungen ausgetauscht werden konnten. Ganz konkret wurde das Aufgaben-Modul von einem 11.-Klässler gelobt: „Mir gefällt die Motivation durch die roten Zahlen und die grünen Häkchen!“
Insgesamt wurde das digitale Lernen von Lehrkräften wie auch von Schüler*innen als spannende Herausforderung gesehen. Es musste Neues ausprobiert werden und dabei wurden gute Erfahrungen gemacht, die auch nach Corona zu einer Erweiterung des regulären Unterrichts führen werden. 62% der Schüler*innen haben durch das Homeschooling gelernt, selbstständiger zu arbeiten. 56% können sich nun besser selbst organisieren. Auch beim Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen und verschiedenen Apps wurde dazugelernt. Zitat eines 11.-Klässlers: „Ich habe gelernt, mehr Verantwortung zu übernehmen und mehr Spaß am Lernen zu haben.“ Gerade die freie Zeiteinteilung wurde von 79% der Schüler*innen als positiv angesehen.
Aber es gab auch einige Schwierigkeiten beim digitalen Lernen. Ein angemessener Umfang der Aufgaben, einfache Möglichkeiten für Nachfragen und effektive Rückmeldungen mussten sich erst langsam entwickeln und benötigen weiterhin einen regen Austausch zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen. In diesen Bereichen können und müssen wir uns auch mithilfe der Umfragen weiter verbessern. Denn gerade fehlende Rückmeldungen zu den Aufgaben stellen für die Schüler*innen eine große Belastung dar, genauso wie der fehlende Austausch mit Mitschüler*innen.
Zum Thema „Unterstützung bei Fragen“ haben die Schüler*innen dem Willms aber eine sehr gute Bewertung gegeben: 80% der Schüler*innen aller Jahrgänge gaben an, dass sie auf Fragen innerhalb von 24 Stunden eine Antwort bekommen haben, oft sogar am selben Vormittag. Da sind wir also auf einem guten Weg.
Aus Elternsicht waren vor allem die Unsicherheit über die schulischen Folgen, also mögliche Wissenslücken und Benotung, belastend. Die aktuellen Vorgaben der Landesschulbehörde erlauben uns nun, die Leistungen der Schüler*innen im Homelearning transparenter zu bewerten. Und mit einem Elternleitfaden zum Umgang mit Homelearning-Aufgaben, an dem eine Arbeitsgruppe gerade arbeitet, möchten wir Eltern aus der Rolle der „Ersatzlehrkräfte“ nehmen, die in vielen Fällen zu einer belastenden Situation innerhalb der Familie geführt hat. Mehr Information und Unterstützung für Eltern soll in einer neuen Phase des Homelearnings helfen.
Die Möglichkeit, in den Umfragen auch Wünsche und Tipps für eine mögliche erneute Phase des Homelearnings zu geben, wurde von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern ausführlich genutzt. Hier wurde vor allem gewünscht, dass mehr Unterricht über Videokonferenzen laufen soll. Für ein mögliches Szenario C, also das ausschließliche Lernen zu Hause, wird unser Fokus daher auf den Möglichkeiten des gemeinsamen Lernens und des Austauschs mithilfe von digitalen Tools und der Festlegung von Online-Präsenzzeiten liegen. Wir sind dabei, uns in diesen Bereichen weiterzuentwickeln und neue Wege zu erproben.
Ein/e Schüler/in formulierte es so: “Jedoch ist das Gefühl von Schule verlorengegangen.” Dies ist unsere eigentliche Herausforderung: Trotz der Distanz im Homelearning eine Schule mit gemeinsamem Lernen, direktem Kontakt und schneller Hilfe bei Problemen zu bleiben. Daran werden wir gemeinsam arbeiten.
Katharina Richter, Koordinatorin Ganztag und Schulentwicklung