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Leben ohne Krieg ist ein Geschenk

08.11.17 | NWZ

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Am 1. September 1939 ändert sich das Leben von Hans-Günter Stasch. „Meine Tanten klingelten Sturm und sagten meiner Mutter, ’Lene, wie haben Krieg’.“ Damals sei er zehn Jahre alt gewesen. Seine Mutter versuchte, ihn zu beruhigen: „Keine Sorge, bis du groß bist, ist der wieder zu Ende“. Sie sollte sich täuschen.

Die Botschaft von Hans-Günter Stasch an die zehnten Klassen des Willms Gymnasiums Delmenhorst war am Dienstag klar: „Ihr wisst nicht, wie dankbar ihr sein könnt, dass schon so lange Frieden herrscht. Das ist ein Geschenk.“

Damals habe er in Wilhelmshaven gelebt, große Teile seiner Verwandtschaft waren bei der Kriegsmarine. Kurze Zeit später kam der Krieg in Form von Fliegerangriffen nach Wilhelmshaven, berichtete der Zeitzeuge.

Harte Kindheit

Mit 15 Jahren sei der heutige Delmenhorster zum Flakhelfer dienstverpflichtet worden. „Wer ist hier 15?“, fragte der 90-Jährige in die volle Aula. Einige meldeten sich. „Alle an die Kanonen!“, rief er aus. In dieser Phase seiner Kindheit hätte er nichts anderes gekannt, als Schlafen, Trinken, Essen, Wacheschieben und Schießen. Im Detail erzählte er den Schülern, wie er dabei half, mit Geschützen auf Bomber zu schießen.

„Wir hatten nicht das Gefühl, dass das falsch ist“, erinnerte er sich. Seine Generation sei nach der Zeit in der Hitlerjugend (HJ) daran gewöhnt gewesen, Befehle auszuführen. Und sie hätten an den Sieg geglaubt. In der HJ habe er gelernt, Ziele umzusetzen, aber nicht eine kritische Haltung zu entwickeln.

Stellvertretend für die Schüler der zehnten Klassen stellten Lisa Sophie Dixon und Anastasia Scheremetjew Fragen an den Zeitzeugen. So wollten die beiden wissen, wie viele Flugzeuge die Batterie abgeschossen habe. „Das kann ich gar nicht sagen. Aber ich habe mal kanadische Piloten getroffen. Die sagten, über Wilhelmshaven hätte man in der Luft auf Granatsplittern laufen können.“

Seine Eltern seien den Nazis gegenüber kritisch gewesen. „1938 hat die SA einen jüdischen Laden geplündert. Meine Mutter sagte ’Komm weg Junge, sowas macht man nicht’.“ Auch sein Vater habe die Taten der Reichspogromnacht kritisiert. „Wenn wir sowas machen, wird das böse auf uns zurückfallen“, soll er damals gesagt haben. Als Hans-Günter Stasch eingezogen wurde, wollte ihn seine Mutter am Weggehen hindern. „Wenn ich hier bleibe erschießen sie dich und mich“, habe er ihr geantwortet.

Wichtige Botschaft

Hans-Günter Stasch war über drei Legislaturperioden Ratsherr in Delmenhorst. „Werdet politisch aktiv, nehmt nichts als gegeben hin“, forderte er die Schüler auf. Er habe viel erreicht, das könnten sie auch.

Im Februar 1945 wird Stasch als Offiziersanwärter bei Hamburg zu den Pionieren einberufen. Eigentlich sollte seine Einheit in Berlin kämpfen, doch sein Vorgesetzter habe den Marsch so verzögert, dass ein Einsatz nicht mehr stattfinden konnte.

Anschließend sei er in Kriegsgefangenschaft gegangen, kurze Zeit später aber geflohen. „Wir hatten drei Tage nichts zu essen und zu trinken gekriegt, ich dachte mir, verrecken kann ich auch woanders.“

Wie durch ein Wunder sei keiner seiner Freunde im Dienst rund um die Flakbatterien getötet worden. Einmal habe ihn jedoch fast eine eigene Kanone getroffen und es gab Angriffe von Tieffliegern. „Ich fordere euch auf, immer im Widerspruch zu leben und Befehle zu hinterfragen.“