„Welche Schlagworte fallen euch spontan ein, wenn ihr an die alten Römer denkt?“
Jamie aus der 7d muss nicht lange überlegen, was er der Museumspädagogin auf diese Frage antwortet:
„Macht!“
Nun: Es würde sicherlich zu kurz greifen, das Leben der alten Römer nur auf ihren – zugegeben sehr ausgeprägten – Anspruch auf Macht zu beschränken. Und doch wird die
Geschichte und auch die gesamte Geographie der Antike ganz entschieden immer wieder von den römischen Eroberungsfeldzügen geprägt, deren Spuren sich bis in die heutige
Zeit finden lassen.
So auch im niedersächsischen Kalkriese, nahe Osnabrück, wo im Jahre 9 n. Chr. die Macht der Römer in der sogenannten Varusschlacht ein vorzeitiges Ende fand. Die
Lateinschülerinnen und Lateinschüler der Jg. 6 und 7 haben sich zusammen mit Frau Windmann und Herrn Reuter einen Tag lang auf Spurensuche dieser legendären
und für die Vorgeschichte Deutschlands so wichtigen Schlacht begeben. Aber warum ist die Varusschlacht eigentlich so bedeutend? Salopp formuliert könnte man sagen: Wären die Römer damals im Teutoburger Wald siegreich gewesen, so wäre Niedersachsen womöglich eine römische Provinz geworden und wir würden heute Italienisch sprechen anstatt Deutsch. Dass dies nicht so gekommen ist, ist v. a. dem Germanen Arminius zu verdanken, der das römische Heer, angeführt von dem Feldherrn Varus (von dem die Schlacht ihren Namen hat), immer wieder in Hinterhalte lockte und den Legionären so empfindliche Verluste beibrachte. Nach drei Tagen waren drei römische Legionen – also etwa 20 000 Soldaten – fast vollständig getötet worden – eine Niederlage, wie sie das Römische Reich bisher nicht kannte. Die Eroberungsfeldzüge in Germanien wurden so gestoppt und die Römer blieben vorerst hinter der natürlichen Grenze, der Elbe, zurück. Originale (!) Überreste dieser Schlacht – u. a. Münzen, Teile von Rüstungen oder Werkzeugen, aber auch menschliche Knochen – konnten die jungen Lateinerinnen und Lateiner im Museumspark in Kalkriese bewundern. Aber nicht nur das: Sie tauchten auch tief in die Lebensweise und Lebenswelten der Römer und Germanen ein, zogen deren Kleidungsstücke an, konnten militärische Taktiken nachvollziehen und hautnah
erfahren, wie es sich anfühlt, in einen Hinterhalt gelockt zu werden.
Kurzum: Sie unternahmen eine anschauliche Zeitreise in eine längst vergangene, aber immer noch faszinierende Welt. Das war spannend, informativ, kurzweilig und voller „aha“-Erlebnisse. Oder wer hätte gedacht, dass das Marschgepäck eines römischen Legionärs bis zu 45 Kilogramm schwer sein konnte? Als Sabiha aus der 7a mutig ein 10kg schweres Kettenhemd anprobiert (das gehört zur Standardausrüstung eines Römers), bekommt sie einen nachhaltigen Eindruck davon, wie anstrengend das Leben eines römischen Legionärs gewesen sein muss.
„Aber mit so schwerer Kleidung und so schwerem Gepäck konnten die Römer doch gar nicht kämpfen!“
Oh doch, sie konnten. Wenngleich sie, wie man heute vermutet, 15 Sekunden brauchten, um bei einem Überraschungsangriff kampfbereit zu sein. 15 Sekunden? Gemessen an dem schweren Marschgepäck ist dies auch nach heutigen Maßstäben eine rekordverdächtige Leistung. Im Kampf allerdings können 15 Sekunden über Sieg und Niederlage entscheiden. Im Falle der Varusschlacht reichten 15 Sekunden wohl aus, um die Geschichte eines Weltreichs für immer zu verändern. Aber, wie ging es eigentlich nach der Varusschlacht weiter? Haben die Römer danach nochmals versucht, Germanien zu erobern und sind sie so womöglich auch bis zum Wattenmeer gekommen?
Nach dieser schweren Niederlage doch eher nicht, oder? Mit Blick auf die erheblichen Verluste in der Varusschlacht scheint dieser Schluss aus heutiger Sicht mehr als nachvollziehbar zu sein. Nicht so allerdings bei den machthungrigen Römern, die schon in den Jahren nach der Varusschlacht immer wieder Truppen Richtung Norden geschickt haben. Und tatsächlich: Einmal waren die Römer sogar mit einer gewaltigen Flotte an der Nordseeküste, „am plattdeutschen Strand“ sozusagen. Aber auch dieser Feldzug blieb erfolglos und das heutige Niedersachsen wurde nie zu einer römischen Provinz. Und wenn Niedersachsen nun doch einmal römische Provinz geworden wäre? Die
Lateinschülerinnen und Lateinschüler haben in Kalkriese zumindest einen Eindruck davon erhalten, wie das Leben in einer solchen Provinz gewesen wäre – und diesen
Eindruck werden sie so schnell sicherlich nicht wieder vergessen. Die vergrößerte Darstellung der Gesichtsmaske eines römischen Reiterhelms ist ein wahres Prunkstück der Ausstellung.