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Hannibal ad portas – ein Interview mit dem legendären Feldherren Hannibal

31. März 2022 | Fachgruppe Latein

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Lieber Hannibal,

wenn wir uns kurz vorstellen dürfen: Wir sind die Klasse 10c des Willms-Gymnasiums. Im ersten Halbjahr haben wir uns intensiv mit ihrem Leben beschäftigt, denn wir haben im Lateinunterricht die Hannibal-Biographie des Cornelius Nepos gelesen! Wussten Sie überhaupt, dass es ein solches Buch über Ihr Leben gibt?

Es ist in jedem Fall sehr spannend geschrieben und einige Erlebnisse haben uns sehr beeindruckt, allen voran natürlich der Alpenübergang!

Wir haben uns im Unterricht oft gefragt, wie Sie das wohl geschafft haben. Und da wir auch noch andere Fragen an Sie hätten, freuen wir uns ganz besonders, dass Sie sich heute unseren Frage stellen möchten.

 Wenn Sie nichts dagegen haben, fangen wir sofort an!

 

Also: Sie waren einer der größten Feldherren aller Zeiten und einer der Protagonisten – wenn wir das so sagen dürfen – im sog. Zweiten Punischen Krieg, der von 218 bis 201 v. Chr. gedauert hat. Erklären Sie unseren Leserinnen und Lesern erst einmal: Was sind denn eigentlich die Punischen Kriege? Und wenn es einen zweiten gab, dann gab es doch sicherlich auch einen ersten Punischen Krieg – haben Sie daran auch schon teilgenommen?

Persönlich nicht, aber mein Vater Hamilkar diente im Ersten Punischen Krieg als Oberbehfehlshaber des karthagischen Heeres, womit sich die Frage nach einem Ersten Punischen Krieg erübrigt, der übrigends von 264 v. Chr. bis 241 v. Chr. ging und somit während meiner Geburt 247 v. Chr. stattfand. Insgesamt gab es drei große Auseinandersetzungen mit den Römern, die als die Punischen Kriege in die Geschichte eingingen, da die Römer uns, also die Einwohner der nordafrikanischen Stadt Karthago, als “Punier” bezeichneten. Der Dritte Punische Krieg fand etwa gut 30 Jahre nach meinen Tod statt, der nur deswegen drei Jahre lang ging, da es kein Genie in der Kriegesführung, wie ich es war, in meinem Volk gab.

 

Wenn man Ihren Namen hört, dann denken die meisten Menschen vermutlich sofort an die legendäre Alpenüberquerung mit den riesigen Elefanten – das ist ihr Meisterstück! Geben Sie uns doch einmal einen Einblick in die Schwierigkeiten dieser Unternehmung! Und ist es wahr, dass Ihnen dort sogar Alpenbewohner begegnet sind?

Ja, aber es war keine große Schwierigkeit, sie zu überwältigen. Vielmehr stellten kaum zu passierbare Wege und Schluchten ein Hindernis dar, aber mit meinem Erfindergeist und meiner Zielstrebigkeit bewältigten wir diese ohne Probleme. Auf dem Weg machte ich zudem mit meinem Heer das Gelände zugänglich und befestigte Wege, sodass die 37 Kriegselefanten darauf gehen konnten. Die größte Schwierigkeit stellte jedoch die Nahrungsversorgung dieser Riesen dar. So mussten die Elefanten lange Strecken gehen, auch wenn sie nichts zu Essen hatten und wären beinahe verhungert, trotzdem überlebten alle meine Kriegselefanten die Alpenüberquerung. Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, war die Alpenüberquerung eigentlich kein großes Unterfangen, weswegen ich mich bis heute frage, warum es vorher angeblich nur Herkules gelungen ist, die Alpen zu überqueren. Tja, scheinbar hat nicht jeder den Willen und den Einfallsreichtum, den ich habe. So konnte ich mich schließlich in eine strategisch günstige Position gegenüber den Römern bringen.

 

Das ist doch eine gute Überleitung, denn sie haben ja auch aufregende Schlachten mit den Römern geführt! In die Geschichtsbücher sind Sie vor allem durch eine Schlacht eingegangen – durch die Schlacht von Cannae 216 v. Chr., eine der berühmtesten Schlachten während des Zweiten Punischen Krieges. Erklären Sie uns: Was hat diese Schlacht so besonders gemacht?

Eins muss ich vorab richtigstellen: Es war nicht eine der berühmtesten Schlachten während des Zweiten Punischen Krieges, sondern die berühmteste Schlacht des Krieges überhaupt. Niemandem gelang es danach, eine solche militärische Glanzleistung hinzulegen. Was jedoch besonders an dieser Schlacht war, war, dass ich mit meinem zahlenmäßig unterlegenden Heer den Römern eine verheerende Niederlage, eine der größten Niederlagen der römischen Geschichte, zufügen konnte. Ich schloss sie wie in einen Kessel ein, sodass es kein Entkommen gab, und bekämpfte sie von allen Seiten, sodass sie leicht besiegbar waren. Mit so einem militärischen Manöver hatten sie nicht gerechnet. Sie  hatten daraufhin eine solche Heidenangst vor mir, dass sie mir lieber aus dem Weg gingen.

Das glauben wir gern! Aber eines verstehen wir nicht: Nach diesem fulminanten Sieg bei Cannae hatten Sie doch eigentlich die besten Voraussetzungen, Rom zu erobern. Warum hat es dennoch nicht funktioniert?

Wäre es mein Ziel gewesen Rom zu erobern, hätte ich dies auch geschafft, vor allem nach dem, wie Ihr es nennt, “fulminanten Sieg” bei Cannae. Mein Ziel war etwas anderes. Ich wollte erst einmal das Bundesgenossensystem der Römer vernichten, also Rom von verbündeten Völkern und Städten trennen. Das gelang mir jedoch nicht. Während ich mein Augenmerk darauf legte, fiel der römische Feldherr Quintus Fabius Maximus in Spanien ein, um uns die strategische Basis zu nehmen, dies jedoch ohne mein Beisein. Er gewann viele Schlachten und verlegte den Krieg schließlich nach Karthago, weswegen ich vom karthagischen Rat zurückgerufen worden bin. Schließlich erlitt ich bei Zama 202 v. Chr. meine erste und leider auch kriegsentscheidende Niederlage.

Wenn Sie vom Zweiten Punischen Krieg erzählen, machen Sie auf uns den Eindruck – und wir hoffen, wir dürfen dahingehend offen zu Ihnen sprechen –, dass Sie sehr besessen waren von der Idee, Rom einzunehmen: Woher kam diese Besessenheit?

Ja, ich mache daraus auch kein großes Geheimnis. Ich schwor im Alter von neun Jahren meinem Vater, niemals ein freundschaftliches Verhältnis zu den Römern zu pflegen. Dieser Eid fand während einer Opferung nur zwischen mir und meinem Vater statt, da mein Vater vorher alle anderen Menschen extra aus dem Tempel rausgeschickt hatte, und ich musste dafür sogar meine Hände auf den Altar legen. Es war meinem Vater ernst. Ich tat dies in meinen Kindheitstagen zunächst, damit ich mit meinem Vater zusammen in den Krieg ziehen konnte, da er dies von mir verlangte oder eher gesagt, mich dazu drängte, aber dennoch war mir dieser Eid heilig, obwohl ich nicht sehr religiös bin. Somit war von Anfang meiner Kindheit an klar, dass ich ein lebenslanger Feind Roms sein werde. Diesen Eid hielt ich mein Leben lang und niemand kann daran zweifeln, dass ich diesen Eid je gebrochen habe.

 

Erzählen Sie uns doch noch, wie es nach dem Zweiten Punischen Krieg mit Ihnen weiter ging. Wir haben gehört, dass Sie tatsächlich Selbstmord begangen haben. Warum haben Sie das gemacht?

Ja, das stimmt, aber alles der Reihe nach. Nach dem Zweiten Punischen Krieg, der 201 v. Chr. endete, wurde ich meines Amtes als Oberbefehlshaber des karthagischen Heeres enthoben. Jedoch wurde ich vom Volk zum Sufeten, also einem hohen Amtsträger, gewählt und reformierte Politik und Wirtschaft Karthagos zu Ungunsten der Aristokratie und kämpfte gegen Korruption, was mir ein besonderes Anliegen war. Mir lag mehr am einfachen Volk als an den Reichen. Dies gefiel denen nicht, weswegen ich 196 v. Chr. ins Exil getrieben worden bin und schließlich bei König Prusias I. von Bithynien landete. Währenddessen ließen die Römer nach ihrem Sieg nicht locker mich zu finden, da sie sich vor einem weiteren Anschlag fürchteteten. Womit sie nicht falsch lagen, schließlich hielt ich sie 15 Jahre lang im Atem. Sie fanden mich schließlich, doch bevor sie mich schnappen konnten, begang ich mit 64 Jahren Selbstmord, indem ich Gift zu mir nahm. Mir war es lieber durch meine eigene Hand zu sterben, als mich von meinem Feind töten zu lassen, den ich abgrundtief hasse. Den Gefallen wollte ich denen nicht tun.

 

 

Noch eine letzte Frage: Obwohl Sie ja nun schon so lange tot sind, leben Sie auch in der heutige Zeit immer noch in einem bekannten Sprichwort weiter: Kennen Sie es? Und wissen Sie, wann wir es auch heute noch verwenden?

Aber sicherlich, schließlich bin ich ja nicht von gestern! Das berühmte Zitat “Hannibal ante portas” – also Hannibal vor den Toren Roms –, was sich in der Stadt Rom nach dem Sieg in Cannae wie ein Lauffeuer verbreitete! Obwohl eigentlich muss es richtig heißen “Hannibal ad portas”, da ich nie ganz vor den Toren Roms war, sondern nur in der Nähe Roms. Hm, bei den Römern war so einiges nicht korrekt. In der heutigen Zeit verwendet man diesen Ausdruck, um eine Person vor irgendeiner unmittelbar bevorstehenden Gefahr, die beispielsweise von einer anderen Person ausgeht, zu warnen. Das ist durchaus passend – und es ist schön zu sehen, dass ich so in der Sprache der Menschen noch auf ewig weiterlebe.

Das Interview führte Julia Sergejew. Lehrkraft der Lerngruppe ist Sebastian Reuter.