AfD, Pegida, Reichsbürger: Sie treten immer selbstbewusster auf, die Kräfte, die von einer offenen, pluralistischen und europafreundlichen Gesellschaft wenig bis nichts halten. Daran ließ die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Montagabend im Forum des Willms-Gymnasiums keinerlei Zweifel: „Sie sind eine Gefahr für unsere Demokratie. Dass sie beanspruchen, für das Volk zu sprechen, dürfen wir ihnen nicht durchgehen lassen.“
Mit Rückgrat gegen „großen Lauschangriff“
„Begegnungen“ ist die Veranstaltungsreihe des Gymnasiums überschrieben, die die Schüler ins Gespräch mit herausragenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bringen soll. Leutheusser-Schnarrenberger gehört dabei in die eher seltene Kategorie „Spitzenpolitiker, die Rückgrat bewiesen haben“. Von vielen bis dahin nicht als politisches Schwergewicht wahrgenommen, gewann die FDP-Politikerin mit ihrem Rücktritt als Justizministerin im Kabinett Helmut Kohl Ende 1995 gehörig an Statur. Sie hatte die Einführung des „großen Lauschangriffs“ vehement abgelehnt.
Als die Basis ihrer Partei bei einer Mitgliederbefragung für das umstrittene Vorhaben stimmte, stellte die gebürtige Mindenerin ihr Amt zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht sollte ihr ein paar Jahre später recht geben.
Grundgesetz als „Bollwerk“ gegen Populisten
Sowohl in ihrem Vortrag als auch in der anschließenden Diskussion erlebten rund 150 Besucher im Willms-Forum Leutheusser-Schnarrenberger pur – voller Energie und Leidenschaft, wenn es darum geht, die Grundrechte und die freiheitlich-demokratischen Werte zu verteidigen, die die Bundesrepublik seit ihrer Gründung prägen. Die 67-Jährige stellte sich als „überzeugte Verfassungspatriotin“ vor und lobte das Grundgesetz als „Bollwerk“ gegen die Gefährdungen unserer Demokratie durch populistische und extremistische Bewegungen.
Ex-Ministerin gegen ein Verbot der AfD
Der Aufstieg der AfD habe „eine andere Dimension“ als zuvor Republikaner, NPD oder DVU, ist die Ex-Ministerin überzeugt. Dennoch könne die Partei nicht so einfach als rechtsextrem eingestuft werden, trotz Führungsfiguren wie Björn Höcke, das „Schwert des Parteienverbots“ greife nicht. „Es bleibt nichts anderes übrig, als sich offensiv mit der AfD auseinanderzusetzen“, sagte die 2013 aus dem Bundestag ausgeschiedene Politikerin. Angstkampagnen und falschen Zahlen, etwa zur vermeintlich ansteigenden Kriminalität, müssten die Fakten entgegengehalten werden.
Ihrer liberalen Grundhaltung bleibt Leutheusser-Schnarrenberger auch angesichts der Hasskommentare und Filterblasen im Internet treu: Das vor einem Jahr in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz biete nicht die richtigen Instrumente, wie befürchtet werde zu viel geblockt.