Willms Gymnasium

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So kann jeder zum potenziellen Lebensretter werden

30.03.25 | NOZ / Delmenhorster Kreisblatt

Vorherige Pressebeiträge

Die Typisierung geht ganz einfach, und die Stammzellspende für Blutkrebspatienten ist nicht mit größeren Risiken verbunden: Delmenhorster Schüler erfuhren im Willms-Gymnasium, wie einfach es ist, zu potenziellen Lebensrettern zu werden. Wie jeder dazu beitragen kann, dass es eine Heilungschance für Betroffene gibt.

Nicht etwa Mathe, Englisch oder Sport stand am Donnerstagmorgen in einer Doppelstunde auf dem Lehrplan für die Schüler der Jahrgangsstufe 12 am Willms-Gymnasium in Delmenhorst. Stattdessen gab es eine ganz besondere Veranstaltung in der Aula, gewissermaßen lautete das Unterrichtsfach „Leben retten“. Denn die versammelten Zwölftklässler erfuhren in einem eindrucksvollen wie anschaulichen Vortrag, wie sie ohne großen Aufwand zu möglichen Lebensrettern werden, indem sie sich für die Registrierung als potenzieller Stammzellspender typisieren lassen. Die Stammzellspende kann einem an Blutkrebs, der Leukämie, erkrankten Menschen, bei dem sich alle Behandlungsmethoden als erfolglos erwiesen haben, das Weiterleben ermöglichen.

Schüler ließen Wattestäbchen in der Mundhöhle kreisen

Eine der größeren von 26 Organisationen, die sich in Deutschland darum bemühen, dass sich möglichst viele Menschen typisieren lassen, ist die Deutsche Stammzellspender-Datei (DSD). Sie kooperiert eng mit dem Blutspendedienst NSTOB des Deutschen Roten Kreuzes. Für die DSD und ihre Mission ist Jörg Gündling ehrenamtlich bei Blutspendeaktionen und in Schulen unterwegs. So hat er auch das Gymnasium an der Willmsstraße angeschrieben – und dort offene Türen eingerannt. Sowohl Schulleiter Stefan Nolting als auch Oberstufenkoordinatorin Cornelia Kehler erklärten in sehr persönlichen Worten, wie wichtig es sei, die angehenden Abiturienten über die Stammzellspende aufzuklären, damit sie eine gut begründete Entscheidung für sich selbst treffen können. Und auch bei den künftigen Abiturienten stieß Gündling auf offene Ohren. Nicht nur folgten sie seiner Präsentation aufmerksam, in ganz überwiegender Zahl ließen sie anschließend für die Typisierung auch Wattestäbchen in der Mundhöhle kreisen oder nahmen Typisierungssets mit nach Hause. Die Schüler reihen sich so ein in den Kreis von rund zehn Millionen Menschen, die sich laut Gündling in Deutschland als Stammzellspender haben registrieren lassen.

Warum Stammzellspender werden?

Alle zwölf Minuten erhält in Deutschland ein Mensch die Diagnose Blutkrebs, führte der Gast in der Willms-Aula aus. Jedes Jahr erkranken mehr als 13.000 Menschen an Leukämie. In den Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen ist der Blutkrebs die häufigste Krebsart. Für viele der Patienten ist die Spende und Transplantation von Stammzellen, die im Knochenmark produziert werden und aus denen sich wiederum Blutzellen entwickeln, die einzige Hoffnung auf Heilung.

Weshalb ist die Typisierung so wichtig?

Die Spende von Stammzellen kann einem Erkrankten nur dann eine Heilung ermöglichen, wenn die HLA-Merkmale, auch Gewebemerkmale genannt, bei Spender und Patient zu 100 Prozent übereinstimmen. Nur dann kommt es nicht zu einer Abstoßungsreaktion. Allerdings finden nur 30 Prozent der Erkrankten ihren „genetischen Zwilling“ innerhalb der Familie, alle anderen sind auf einen externen Spender angewiesen. Um Patient und Spender zusammenführen zu können, bedarf es einer großen Datei, in der die mittels der Typisierung gewonnenen Daten gespeichert sind. Die Daten aller 26 deutschen Stammzellspenderdateien werden beim Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm gesammelt. An dieses wenden sich die Ärzte in den Fällen, in denen nur noch eine Stammzelltransplantation helfen kann. Für die Typisierung wird entweder eine kleine Menge Blut oder eine Mundschleimhautprobe entnommen. Bei der DSD ist die Typisierung kostenlos.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Spende kommt?

Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen dieselben Gewebemerkmale aufweisen, sei äußerst gering, erklärte Jörg Gündling in der Willms-Aula. Lediglich eine von 1000 Personen, die sich als potenzielle Spender haben registrieren lassen, wird irgendwann einmal tatsächlich um eine Stammzellspende gebeten. Das bedeutet zugleich, dass jeder fünfte an Blutkrebs Erkrankte keinen Spender findet. Mehr als 2500 Menschen sterben jährlich in Deutschland an dieser Krebsart. Heißt aber auch: Je mehr Menschen sich typisieren lassen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Match zwischen Patient und Spender kommt.

Wer kann Stammzellspender werden?

Für die Typisierung kommen alle Menschen in der Altersgruppe von 16 bis 50 Jahren infrage, bei denen keine schweren Erkrankungen vorliegen. Eine Stammzellspende ist ab 18 Jahren und bis zum 60. Lebensjahr möglich.

Gehen mit der Stammzellspende Risiken einher?

Eines der zentralen Anliegen Jörg Gündlings bei Veranstaltungen wie im Willms-Gymnasium ist es, wie er sagt, „mit einem Märchen aufzuräumen“: Über Generationen habe sich die Mär gehalten, dass die Stammzellen aus dem Knochenmark im Rückgrat genommen werden. Womit Befürchtungen, Beeinträchtigungen in der Bewegungsfähigkeit bis hin zur Lähmung zu erleiden, einhergingen. „Das hat es nie gegeben“, betonte der 65-Jährige. In 95 Prozent der Fälle kommt die periphere Stammzellspende zur Anwendung. Dabei werden in einem mehrstündigen Verfahren Stammzellen aus dem Blut über die Armvenen gesammelt. In den Tagen zuvor wird dem Spender ein Mittel verabreicht, das die Produktion der Stammzellen ankurbelt. Hierbei können grippeähnliche Symptome auftreten. Beim zweiten, viel seltener angewandten Verfahren wird dem Spender unter Vollnarkose mit einer Hohlnadel rund ein Liter Knochenmark-Blut-Gemisch entnommen – aus dem Beckenkamm, wohlgemerkt. Hier besteht nur das Risiko der Narkose, die Spende selbst ist mit keinem Risiko verbunden. Das entnommene Knochenmark regeneriert innerhalb von zwei bis vier Wochen vollständig.