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Delmenhorster Schulprojekt: Gespräche mit syrischen Ex-Gefangenen

25.10.18 | Weser Kurier

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Langsam wird es ernst. Bald wird der Schülerfriedenspreis vergeben und fünf Schülerinnen des Willms-Gymnasiums hoffen mit ihrem Projekt „Preis der Freiheit“ auf den ganz großen Wurf.

Es wäre ein absolutes Novum – noch nie hat eine Delmenhorster Schule den Schülerfriedenspreis gewonnen. Fünf Schülerinnen des Willms-Gymnasiums schicken sich nun an mit ihrem Projekt „Preis der Freiheit“, den Preis des Niedersächsischen Bildungsministeriums erstmals nach Delmenhorst zu holen. „Der erste Platz wäre natürlich die Krönung eines tollen Projektes“, findet Lehrerin Daniela Köhler.

Die befreundeten Mädchen Maria Schamas, Alina Beuters, Alida Mühlenhort sowie die Schwestern Aileen und Isabell Sindermann hatten Anfang September die Idee, über das Leben von politisch Verfolgten und Gefangenen in Syrien zu berichten. Durch ihr Projekt soll die breite Öffentlichkeit über die Probleme vor Ort aufmerksam gemacht werden. Das Augenmerk hat die Gruppe dabei insbesondere auf die ehemaligen Inhaftierten syrischer Gefängnisse gelegt, die jetzt als Rechtsanwälte von Deutschland aus politische Gefangene in Syrien vertreten. Die Schülerinnen stellten sich hauptsächlich die Frage, wie sie zu der Einhaltung von Menschenrechten und einer möglichen Freilassung beitragen. „Wir finden es einfach unfair, dass Leute unschuldig im Gefängnis sitzen. Dort herrscht ein unmenschliches Verhalten, deshalb haben wir uns intensiver mit diesem Thema beschäftigt“, sagt die 17-jährige Aileen Sindermann. Ihre Mitstreiterin Alida Mühlenhort ergänzt: „Schweigen bringt nichts. Wir müssen uns damit aktiv auseinandersetzen und das haben wir getan. Frieden ist eben nicht überall selbstverständlich und wir können uns glücklich schätzen, dass wir in Deutschland keinen Krieg vorfinden“.

Über das politische Engagement der Jugendlichen freut sich auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag: „Der Krieg in Syrien ist in den Medien präsent. Jedoch ersetzen diese Informationen nie das persönliche Gespräch mit den Betroffenen. Ich unterstütze die Schülerinnen darin und schätze sehr, dass sie sich mit diesem nicht einfachen Thema befassen“.

Um diese persönlichen Informationen zu erhalten, sind die fünf Mädchen Mitte Oktober mit dem Bus nach Berlin gefahren. Dort trafen sie sich mit zwei Rechtsanwälten und vier Flüchtlingen, die alle im Gefängnis saßen. Mit ihnen kamen die Mädchen ins Gespräch und führten Interviews. Die Kontakte entstanden durch Maria Schamans – ihr Vater ist selbst Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist. Die Gestaltung der Interviews stellte sich als schwierig heraus, denn die Gesprächspartner sprachen weder Deutsch noch Englisch. So durfte die im Januar 2016 aus Syrien geflüchtete Maria Schamans für ihre Kolleginnen stets übersetzen. Außerdem mussten die jungen Reporterinnen die Gespräche oftmals unterbrechen: „Die Menschen haben von ihren eigenen Erfahrungen gesprochen, dabei ist es teilweise zu emotional geworden“, betont die 16-jährige Alida Mühlenhort. Nachdem die Interviews abgedreht waren, ging es für die Gruppe wieder zurück ins Hotel. „Dort haben wir dann bis spät in die Abendstunden die Videos geschnitten“, sagt die 17-jährige Isabell Sindermann.

Nach vier arbeitsintensiven Tagen machten sich die Mädchen wieder auf den Rückweg nach Delmenhorst. „Wir saßen über sechs Stunden lang im Bus, es war grauenvoll. Aber die Strapazen haben sich auf jeden Fall gelohnt“, erklärte Alida Mühlenhort, die genau wie die anderen Mädchen durch das umfangreiche Projekt seit September auf viel Freizeit verzichtet: „Wir haben uns schon sehr, sehr oft getroffen und viel gearbeitet.“ Die Reisekosten in Höhe von 850 Euro haben zu je einem Drittel das Willms-Gymnasium, der Förderverein der Schule und Susanne Mittag getragen. „Darum haben sich die Schülerinnen eigenständig gekümmert“, lobt Lehrerin Köhler, die mit den Berlin-Ergebnissen hochzufrieden ist und sich freut, dass die Mädchen durch die Tour enorm viel gelernt haben. „Sie haben vor allem organisatorisch einiges dazugelernt“.

Das Erlernte und die gesammelten Ergebnisse möchten die jungen Frauen schon bald im Rahmen eines Aktionstages und einer Projektwoche an ihrer Schule der breiten Öffentlichkeit präsentieren. Während die Projektwoche, die vom 28. Januar bis 8. Februar 2019 stattfinden wird, schon komplett durchgeplant ist, haben sich die fünf Schülerinnen auch für den Vorstellungstag am 25. Januar 2019 bereits einiges einfallen lassen. „Es haben alle Interviewpartner aus Berlin zugesagt. Außerdem haben wir Sabine Mittag und Astrid Grotelüschen sowie viele andere Gäste eingeladen“, verrät Alida Mühlenhort. Ausgetragen wird die Projektwoche in der Aula des Willms-Gymnasiums. „Dort wollen wir dann auch die Bilder zeigen, die nicht gerade schön sind“, sagt die 16-jährige Alina Beuters.

Besonders stolz auf die Schülerinnen ist Schulleiter Stefan Nolting: „Sie brennen für diese Sache. Wir haben sie zwischenzeitlich vor der einen oder anderen Klippe behutsam bewahren müssen, weil sie derart unter Feuer standen. Aber solche Schülerinnen mit dieser umfangreichen Sozialkompetenz wünscht sich jeder Schulleiter.“

Vor einigen Tagen hat das Willms-Gymnasium die Bewerbung für den Schülerfriedenspreis abgeschickt. Wann die Entscheidung fallen wird, wisse allerdings niemand. Das große Zittern hat jedenfalls begonnen. Den Sieger erwartet ein Preisgeld in knapp vierstelliger Höhe. Selbst behalten würden die Mädchen den Scheck beim Erfolgsfall allerdings nicht. „Sollten wir gewinnen, werden wir das Geld an syrische Organisationen spenden“, verspricht Alida Mühlenhort. Sollte es nicht reichen, bleibt ihnen eine unvergessene Erfahrung, eine persönliche Ehrung des Gymnasiums zum Schuljahresende und ein informatives Projekt, das sie von ganz alleine auf die Beine gestellt haben.