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„Weder Hölle noch Paradies“ – Thierse am Willms

06.03.18 | NWZ

Vorherige Pressebeiträge

Wenn Wolfgang Thierse (74) heute im Fernsehen Parlamentsdebatten verfolgt, dann würde er gerne mitmischen. Nicht als Bundestagspräsident, sondern als Debattenredner. Um es den AfD-Leuten zu zeigen.

Der immer noch streitbare und für die Sache seiner Partei brennende Sozialdemokrat hat am Dienstag im Rahmen der neuen Vortragsreihe „Begegnungen“ im Willms-Gymnasium eine Doppelstunde neuere deutsche Geschichte gegeben. In dem Vortrag unter dem Titel „M(E)ein deutsches Leben“ berichtete der Bundestagspräsident a.D. über sein Leben in der ehemaligen DDR, die Wende- und Wiedervereinigungszeit, die er als Politiker im letzten ostdeutschen Parlament und anschließend im Bundestag mitgestaltet hat.

Im Anschluss hatten die rund 300 Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, Thierse zu den Themen „Leben in der DDR“, „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“ zu befragen. „Wir traten weder der Hölle noch dem Paradies bei“, sagt Thierse heute im Rückblick auf diese bewegten Jahre. Und zum heutigen Zustand Ostdeutschlands: „Es sind eine Menge Fortschritte erzielt worden. Aber Unterschiede sind noch da.“ Warum er durch Deutschland reist und ganz ohne Honorar Vorträge an Schulen hält? „Die Demokraten haben die Pflicht, für ihren Nachwuchs zu sorgen. Auch Demokratie muss man lernen.“

Der Besucher aus Berlin hat Katharina Wiltfang, Sahand Nemati und Peer Hollmann vor besondere Herausforderungen gestellt. Die drei Schüler aus der Jahrgangsstufe 11 moderierten gemeinsam mit Schulleiter Stefan Nolting die sich an den Vortrag anschließende Fragerunde. „Es war eine neue Erfahrung, vor so einem großen Kreis zu reden und nicht nur vor Schülern“, sagte Peer. „Es ist etwas anderes, mit ihm persönlich zu reden“, so Katharina. Sahand fand, der Vormittag sei eine „einzigartige Erfahrung“ gewesen. „Die Schüler haben sich so intensiv vorbereitet“, sagte der betreuende Lehrer Sören Hopf. „Das war eine tolle Leistung!“

Was Unterricht und Schulbücher nicht leisten könnten, könnten solche persönlichen Begegnungen leisten, befand Schulleiter Nolting: „Es gibt ja Gesichter der deutschen Vereinigung. Wolfgang Thierse ist die moralische Instanz und er ist es geblieben. Der aufrechte Gang ist ein Begriff, der immer mehr aus dem Sprachgebrauch verschwindet.“

Ende des Gesprächs, Thierse, die drei Schüler, ihr betreuender Lehrer und der Schulleiter wollen sich auf den Weg zum Mittagessen bei „Da Mimmo“ machen. Auf dem Schulflur hat ein Schüler noch eine Frage. Es geht um Nazis und wem man den öffentlichen Raum überlassen soll. Thierse geht drauf ein, nimmt sich mehrere Minuten Zeit. So viel Zeit muss sein.